Insolvenzrecht: Wiedereinführung des Fiskalvorrechts im Insolvenzverfahren

Der Bundesverband der Steuerberater spricht sich entschieden gegen die geplante Wiedereinführung des Fiskalvorrechts im Insolvenzverfahren aus.

Die Bundesregierung hat in ihrer Kabinettsklausur am 06. und 07. Juni 2010 die Wiedereinführung des Fiskalvorrechts im Insolvenzverfahren beschlossen. Die Bundesregierung begründet ihr Vorhaben damit, dass dadurch die öffentliche Hand anderen Gläubigern wirtschaftlich wieder gleichgestellt würde. Die durch diese Maßnahme erhofften jährlichen Mehreinnahmen sollen sich auf 500 Millionen Euro belaufen.

Der Bundesverband der Steuerberater wendet sich nachdrücklich gegen diese Pläne der Bundesregierung.

Die Begründung der Bundesregierung, es bedürfe einer Gleichstellung des Steuergläubigers mit den übrigen Gläubigern, ist schlicht unzutreffend. Der Steuergläubiger zählt grundsätzlich zu den normalen Insolvenzgläubigern und genießt damit die gleichen Rechte, wie alle andern Gläubiger auch. Es existiert auch keine Schlechterstellung gegenüber anderen Gläubigern, die sich für ihre Forderungen vor Eintritt der Insolvenz Sicherheiten bestellen ließen. Denn diese Möglichkeit hat der Fiskus auch und macht davon im Erhebungsverfahren auch regen Gebrauch.

Im Gegenteil: Aufgrund der vielfältigen abgabenrechtlichen Möglichkeiten und der regelmäßigen Informationsversorgung durch Steuererklärungen und Jahresabschlüsse durch die Steuerpflichtigen ist der Fiskus regelmäßig über die wirtschaftlichen Verhältnisse bestens informiert. Somit besteht schon alleine durch die abgabenrechtliche Sonderstellung des Steuergläubigers eine günstigere Ausgangssituation gegenüber anderen Insolvenzgläubigern, z.B. kleinen Zuliefererbetrieben, die Leistungen an den Insolvenzschuldner erbracht haben.

Das bis zur Einführung der Insolvenzordnung noch nach der überkommenen Vorschrift der Konkursordnung bestehende Vorrecht des Fiskalgläubigers wurde ausdrücklich mit der Begründung abgeschafft, die Konkursvorrechte beruhten auf keinem einleuchtenden Grundgedanken und seien wirtschaftlich nicht gerechtfertigt, sie führten zu ungerechten Verfahrensergebnissen. Auch ordnungspolitisch sei eine insolvenzspezifische Vorzugsstellung einzelner Gläubiger nicht unbedenklich. Denn häufig bedeutet die Einräumung eines Vorrechts den Ausschluss der nicht privilegierten Gläubiger von jeglicher Befriedigung im Insolvenzverfahren, während den bevorrechtigten Gläubigerklassen Chancen auf volle oder weitgehende Befriedigung gewährt wird.

Wenn der Fiskus damit rechnet, dass durch eine Wiedereinführung seines Vorrechts mehr Einnahmen in Höhe von 500 Millionen Euro p.a. erzielt werden, führt dies zwangsläufig zu einer Umschichtung auf Kosten der normalen Insolvenzgläubiger, häufig kleiner Zuliefererbetriebe, Handwerksbetriebe, Mittelständler und der Arbeitnehmer.

Der hierdurch entstehende Schaden wird zu weiteren Verstärkungen der Krise bei den so benachteiligten Gläubigern führen.

Schließlich würde sich die Einführung des Fiskalvorrechts auch in erheblichem Umfang negativ auf die Chancen einer Sanierung der Unternehmen auswirken. Es wird grundsätzlich erforderlich werden, regelmäßig eine vollständige Befriedigung des Fiskus vorab zu ermöglichen, wodurch die zur Verfügung stehenden Mittel zur Sanierung der Unternehmen im Insolvenzverfahren noch weiter abnehmen.

Bei den Plänen der Bundesregierung handelt es sich nach Auffassung des Bundesverbandes der Steuerberater um einen dramatischen Rückschritt im Bemühen um ein sanierungsfreundliches und modernes Insolvenzrecht. Vor der Umsetzung der Pläne kann deswegen nur gewarnt werden.

Quelle: Bundesverband der Steuerberater e. V.