Krisenmanagement: Was tun, wenn die Insolvenz droht?

Jeder Unternehmer durchlebt mal gute und mal schlechte Zeiten. Entscheidend ist jedoch, dass man als Unternehmer insbesondere in Krisenzeiten reagiert und das Unternehmen wieder auf den richtigen Kurs bringt. Besonders aber wenn die Insolvenz droht oder das Unternehmen gar schon insolvent ist, gilt es schnell durch proaktives Krisenmanagement zu handeln: Denn selbst der Insolvenzfall muss noch lange nicht das Aus bedeuten, wenn Sie als Unternehmer richtig reagieren.

Im Leben läuft nicht immer alles rund - ob nun privat, beruflich oder auch als Unternehmer. Speziell im unternehmerischen Kontext liegen Sieg und Niederlage immer ganz eng bei einander. Erfolge wechseln sich mit Misserfolgen ab. Problematisch wird es jedoch, wenn die Misserfolge über eine längere Periode überwiegen und ein Unternehmen wirtschaftlich in Schieflage gerät. Anstatt jedoch im Fall einer drohenden Insolvenz oder bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit der unternehmerischen Herausforderung proaktiv zu begegnen, vertrauen viele Unternehmer und Selbstständige unter dem Eindruck von materiellen Ängsten sowie psychischem und sozialen Stress viel zu lange auf das „Prinzip Hoffnung“. In vielen Fällen verspielen sie damit nicht nur die Chance, ihr Unternehmen noch zu retten, sondern riskieren darüber hinaus auch strafrechtliche Konsequenzen.

Dauerhaft erfolgreich sind jedoch nur jene, die auch schwere Krisenphasen meistern und aus ihren „Niederlagen“ lernen. So sind Krisen immer ein Symptom und Zeichen dafür, dass an anderer Stelle irgendwas nicht stimmt, und meistens das Ergebnis von Ereignissen, auf die ein Unternehmen nicht entsprechend reagiert hat. Gleichzeitig bietet eine Unternehmenskrise immer auch die Chance, Versäumnisse und Fehlentscheidungen zu korrigieren und das Unternehmen wieder auf Erfolgskurs auszurichten – leistungsfähiger als je zuvor. Dieses setzt jedoch voraus, die Krise und die Fähigkeiten, sie eigenständig zu bewältigen, richtig einzuschätzen. Speziell in schweren Krisenlagen fehlt es hierfür aber vielen Unternehmern häufig an betriebswirtschaftlichem und rechtlichem Know-how.

In solchen Fällen hilft der so genannte „Runde Tisch“, ein kostenfreies Angebot der KfW-Mittelstandsbank. Über den „Runden Tisch“ erhalten Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten die Möglichkeit, ausgewählte Berater (Projektbetreuer) mit der Durchführung eines Unternehmenschecks zu beauftragen, in dessen Rahmen Schwachstellen identifiziert und Lösungsvorschläge unterbreitet werden. Wenn erforderlich, wird in moderierten Diskussionen mit den Beteiligten das weitere Vorgehen abgestimmt. Die Kosten werden von der KfW und gegebenenfalls weiteren Finanzierungspartnern in den Bundesländern getragen. Außer der Mehrwertsteuer und den Fahrtkosten in Höhe der gesetzlichen Fahrtkostenpauschale für Dienstreisen (derzeit 30 Cent je gefahrenen Kilometer) fallen für die Unternehmen keine Betreuungskosten an.

Wie scheinbar aussichtslos die Lage jedoch auch immer sein mag: Das Wichtigste ist frühzeitig zu reagieren. Denn selbst im Falle dessen, dass ein Unternehmen insolvent ist, gibt es häufig gute Chancen, dieses noch zu retten, wie auch Prof. Rolf Rattunde, Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter, in einem Interview mit der BMWi-Publikation „GründerZeiten“ bestätigt: “Das deutsche Insolvenzrecht ist seit Inkrafttreten der Insolvenzordnung 1999 sanierungsfreundlich, weil es einen Sanierungsauftrag erhalten hat. So bietet das heutige Recht die Möglichkeit eines Insolvenzplanverfahrens, das weitgehende Gestaltungsspielräume zur Unternehmenssanierung eröffnet.“ Unabhängig von der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein insolventes Unternehmen saniert werden kann, sollte der Ausstieg möglichst geordnet und rechtzeitig vonstatten gehen. Das BMWi gibt hierfür folgende Empfehlungen:

Allgemeine Empfehlungen

  • Machen Sie sich einen Plan: Wenn Sie Ihre Selbständigkeit aufgeben müssen, weil Ihr Unternehmen nicht mehr rentabel arbeitet und Sie Ihre Verbindlichkeiten nicht bedienen können, bemühen Sie sich um ein möglichst geordnetes Vorgehen. Hektischer Aktionismus verschärft die Problematik.
  • Verzögern Sie notwendige Schritte nicht: Halten Sie den Status der Selbständigkeit nicht unnötig lange aufrecht. Wenn Sie die notwendigen Schritte zur geordneten Abwicklung vollzogen haben, melden Sie Ihr Gewerbe zügig ab.
  • Bei Kapitalgesellschaften: Beachten Sie die bestehende Insolvenzantragspflicht! Als Geschäftsführer bzw. Geschäftsführerin einer Kapitalgesellschaft sind Sie verpflichtet, spätestens (!) drei Wochen nach Eintreten des Insolvenzgrundes einen Insolvenzantrag zu stellen. Ansonsten machen Sie sich strafbar und haften persönlich für den dann entstandenen Schaden.
  • Quälen Sie sich nicht mit Selbstvorwürfen und Versagensgefühlen. Bedenken Sie, dass unternehmerisches Handeln immer ein Risiko birgt und das Scheitern eines Unternehmens Ausdruck dieser Tatsache ist.
    Stecken Sie nicht den Kopf in den Sand. Öffnen Sie unter allen Umständen Ihre Post.
    Informieren Sie Ihre Familie und Freunde, sprechen Sie mit einer Vertrauensperson über Ihre Situation. Gespräche können entlasten und den Blick auf noch nicht erkannte Wege frei machen.
  • Informieren Sie Ihre Gläubiger und Bürgen über die Situation. Bleiben Sie realistisch. Machen Sie keine Versprechungen zur Schuldenregulierung, die Sie möglicherweise nicht halten können.
  • Informieren Sie Ihr Personal über die betriebliche Situation. Unter Umständen gibt es Insolvenzgeld für rückständige Löhne. Über die genauen Leistungsvoraussetzungen und Antragsmodalitäten informiert die Arbeitsagentur.

    Existenzsicherung
  • Melden Sie sich bei der Arbeitsagentur arbeitssuchend und klären Sie, ob sie noch Versicherungsansprüche auf Leistungen der Bundesagentur für Arbeit (Arbeitslosengeld haben. Noch bestehende Ansprüche ruhen nach einer Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit und verjähren spätestens vier Jahre nach erfolgter Existenzgründung. Achtung: Stichtagsregelung!
  • Bedürftige (ehemalige) Selbständige haben Anspruch auf das neue Arbeitslosengeld II (ALG II). Das ALG II ersetzt seit dem 1.1.2005 die bisherige Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für bedürftige Erwerbsfähige. Zuständig hierfür ist das örtliche JobCenter.
  • Auch Einkommen aus selbständiger Tätigkeit unterliegt den Regelungen des Pfändungsschutzes. Lassen Sie sich ggf. bei der örtlichen Schuldnerberatung beraten.

    Finanzielle Grundlagen
  • Verschaffen Sie sich einen realistischen Überblick über den wirtschaftlichen Stand Ihres Unternehmens. Sichten, ordnen und überprüfen Sie Ihre betriebswirtschaftlichen Unterlagen, Rechnungen, Mahnungen und auch Ihre Unterlagen zu offenen Forderungen.
  • Überprüfen Sie, ob bzw. wie weit die Liquidität reicht, um den geordneten Rückzug vom Markt zu vollziehen.
  • Bemühen Sie sich um die Veräußerung der Teile des Betriebsvermögens, über die Sie frei verfügen können. Verhandeln Sie mit Ihren Lieferanten bzw. Mitbewerbern und/oder nutzen Sie Sonderverkäufe, um Ihr Lager soweit wie möglich zu räumen.
  • Machen Sie Ihre abschließenden Steuererklärungen; holen Sie noch nicht gemachte Erklärungen schnellstmöglich nach.
    Kündigen Sie laufende Verträge und Einzugsermächtigungen.

    Schuldenregulierung
  • Das Insolvenzrecht ermöglicht natürlichen Personen über einen Insolvenzantrag (verbunden mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung und ggf. Insolvenzkostenstundung) eine Entschuldung in absehbarer Zeit. Auch bei einer hohen Verschuldung gibt es hierdurch eine realistische Aussicht auf einen schuldenfreien Neustart.
  • Ob Sie – ggf. bereits im Rahmen Ihrer geordneten Abwicklung einen Insolvenzantrag stellen oder zunächst versuchen, sich außergerichtlich mit Ihren Gläubigern zu einigen, kann nur einzelfallbezogen entschieden werden. Als Geschäftsführer/in einer Kapitalgesellschaft müssen Sie auf jeden Fall eine ggf. bestehende Insolvenzantragspflicht beachten.

    Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)