Höhere Pfändungsfreigrenzen ab Juli 2019: Was müssen Drittschuldner beachten?

Eine Lohn- oder Gehaltspfändung birgt in der Entgeltabrechnung viele Fehlerquellen. Durch die neuen Pfändungsfreigrenzen entsteht Mehrarbeit. Viele Vorgänge müssen erneut aufgegriffen und überprüft werden. Was ist in der Praxis zu beachten?

Zum 1.7.2019 steigt der monatlich unpfändbare Grundbetrag auf 1.178,59 EUR. Dieser Betrag erhöht sich um monatlich 443,57  EUR für die 1. und um jeweils weitere 247,12  EUR für die 2. bis 5. Person, für die gesetzliche Unterhaltspflichten zu erfüllen sind. Die Beträge richten sich nach der Entwicklung des steuerlichen Grundfreibetrags nach § 32a Abs. 1 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Sie ändern sich alle 2 Jahre; somit sind die genannten Werte bis zum 30.6.2021 anwendbar.

Haftung des Arbeitgebers führt zu erheblichen Aufwand

Der Arbeitgeber haftet als Drittschuldner für die Ermittlung der korrekten Pfändungsbeträge. Personalsachbearbeiter in der Entgeltabrechnung müssen sich daher über die durch eine Entgeltpfändung geschaffene Rechtslage genau informieren und mit den Besonderheiten des Pfändungsschutzes vertraut sein. Bei einer Pfändung zu beachten ist, dass bestimmte, zusätzlich zum regulären Entgelt gewährte Sondervergütungen teilweise oder in vollem Umfang unpfändbar sind.

Beim Arbeitnehmer nicht pfändbar sind:

  • betriebliche Leistungen für die Altersvorsorge,
  • Zulagen für Vermögenswirksame Leistungen,
  • Aufwandsentschädigungen, Auslösungsgelder und sonstige soziale Zulagen für auswärtige Beschäftigungen,
  • das Entgelt für selbst gestelltes Arbeitsmaterial,
  • Gefahrenzulagen sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen, soweit diese Bezüge den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen.

Daneben sind Überstundenvergütungen für die Leistung von Mehrarbeitsstunden zu 50 % unpfändbar.

Berücksichtigung von Vorschüssen und Abschlägen

Voll pfändbar sind

  • Zuschläge für Nacht-, Schichtarbeit sowie Zuschläge für Arbeit an Sonn- und Feiertagen,
  • Essenszuschüsse und geldwerte Vorteile für die private Mitnutzung eines Dienstwagens.
  • Vorauszahlungen (Entgeltvorschüsse) auf noch nicht erarbeitetes oder noch nicht fälliges Entgelt.
    Diese müssen bei danach erfolgender Pfändung auf den pfändungsfreien Betrag des später fällig werdenden oder abzurechnenden Entgelts angerechnet werden.
    Entsprechendes gilt bei Abschlagszahlungen auf einen bereits erzielten Entgeltanspruch, dessen Abrechnung hinausgeschoben ist. Dann ist die gesetzliche Pfändungsgrenze so zu berechnen, als ob kein Vorschuss bezahlt worden wäre.

Ermittlung des pfändungsrelevanten Einkommens

Für die Pfändungsfreigrenze ist immer das bereinigte Nettoeinkommen zu berücksichtigen. Mit unserer Tabelle "bereingtes Nettoeinkommenn". können Sie den pfändungsrelevanten Nettolohn hier errechnen.

Mit dem ADF Pfändungsrechner lässt sich nun der aus dem bereinigten Nettoeinkommen pfändbare Betrag - unter Berücksichtigung der bestehenden Unterhaltsverpflichtungen - einfach online  ermitteln. Das Ergebnis aus dem Pfändungsrechner können Sie mit der Pfändungstabelle 2019 vergleichen.

Frist zur Drittschuldnererklärung beachten

Regelmäßig muss der Arbeitgeber mit dem Pfändungsbeschluss der Aufforderung des Gläubigers zur Drittschuldnererklärung nachkommen. Er muss auf Verlangen des Gläubigers in einer Frist von 2 Wochen den Sachverhalt genau prüfen und gegenüber dem Gläubiger erklären,

  • ob und inwieweit er den gepfändeten Anspruch des Schuldners anerkennt,
  • ob und welche Ansprüche andere Personen an das gepfändete Einkommen erheben und
  • ob ggf. das Einkommen schon für andere Gläubiger gepfändet ist.

Die Erklärungsfrist beginnt mit der Zustellung durch den Gerichtsvollzieher. Wichtig: Die Frist ist nur dann eingehalten, wenn die Erklärung zum Fristende zugegangen (also nicht nur abgesendet!) ist.