Regeln und Risiken der Geschäftsführerhaftung

Ein Geschäftsführer muss die "Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anwenden." Kommt er seinen Pflichten nicht nach, kann er dafür persönlich haftbar gemacht werden. Das nennt man Geschäftsführerhaftung.

Diese Regeln und Risiken sollten Sie kennen:

Ein Geschäftsführer muss laut GmbH-Gesetz (Paragraph 43 Abs. 1 GmbHG) die ordnungsgemäße Geschäftsführung gewährleisten und einen Schaden von der Gesellschaft abwenden.

Im Alltagsgeschäft bedeutet das: Er muss sich persönlich davon überzeugen, dass gegen die einschlägigen Gesetze nicht verstoßen wird.

Welche Fälle gibt es?
Eine Geschäftsführerhaftung kommt meist bei folgenden Pflicht-Verletzungen in Betracht:

  • Die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns wird nicht angewendet.
  • Es wird nicht deutlich, dass der Geschäftsführer für eine GmbH handelt oder er selbst als Vertragspartner auftritt.
  • Die monatlichen Lohn- und Umsatzsteuervoranmeldungen werden nicht abgegeben bzw. die Lohnsteuer der Arbeitnehmer und die Umsatzsteuer an das Finanzamt nicht abgeführt.
  • Die GmbH kommt ihren Pflichten gegenüber den Sozialversicherungsträgern nicht nach. Die Beschäftigten sind nicht bei der zuständigen Berufsgenossenschaft angemeldet. Es wird gegen die gesetzlichen Unfallverhütungsvorschriften verstoßen.
  • Der Geschäftsführer meldet bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft nicht rechtzeitig Insolvenz an.

Die Haftungsversicherung
Die Geschäftsführerhaftung kann teilweise durch eine sogenannte Directors-and-Officers-Versicherung (D&O) abgesichert werden. Sie wird auch Organ- oder Manager-Haftpflichtversicherung genannt.

Mit der D&O-Versicherung schützt sich ein Unternehmen vor einem Vermögensschaden. Versichert werden meist alle Organe und/oder leitende Angestellte. Der Versicherungsschutz kann unter anderem auch grobe Fahrlässigkeit umfassen. Allerdings gilt der Schutz laut Oberstaatsanwalt Dr. Hans Richter aus Stuttgart nicht bei vorsätzlichen Haftungsverletzungen.

Wer haftet bei der Haftung?
Grundsätzlich haftet auf der Gesellschafter-Ebene das geschäftsführende Organ. Das ist meistens der Geschäftsführer – zum Teil auch der Gesellschafter selbst oder ein Aufsichtsrat.

Wie ein Geschäftsführendes Organ haftet strafrechtlich zudem jemand, der in eigener Verantwortung beziehungsweise in Delegation Teile des Unternehmens leitet, etwa der Leiter einer Zweitstelle oder ein zuständiger Finanzbuchhalter.

Ein solcher "Beauftragter" müsse aber geeignet sein. "Bei der Buchhaltung sollte man also zumindest 1+1=2 rechnen können." Der Beauftragte muss für seine Aufgabe korrekt ausgestattet sein, alle nötigen Informationen bekommen und vom eigentlichen Geschäftsführer regelmäßig kontrolliert werden.

 Wer die Geschäfte tatsächlich leitet und die Entscheidungen der Unternehmung mindestens überwiegend trifft, haftet darüber hinaus als so genannter "faktischer Geschäftsführer" wie der formal bestellte. Als so genannter "faktischer Geschäftsführer" haftet darüber hinaus jemand, der die Geschäfte tatsächlich leitet und die Entscheidungen der Unternehmung mindestens überwiegend trifft.

Bei mehreren Geschäftsführern in einer Firma haften bei der Pflichtverletzung eines Einzelnen alle Geschäftsführer solidarisch. Das gilt selbst dann, wenn die einzelnen Geschäfts- und Aufgabenfelder strikt voneinander getrennt sind.

Womit wird gehaftet?
Entsprechend des GmbHG (Paragraph 43 Abs. 2) haftet der Geschäftsführer grundsätzlich nur der Gesellschaft gegenüber. Er kann also nicht von Gläubigern der Gesellschaft in Anspruch genommen werden.

Die Haftung erfolgt entweder zivilrechtlich und/oder strafrechtlich. Beim Zivilrecht hafte der Geschäftsführer mit seinem Vermögen, beim Strafrecht mit der Freiheit seiner Person oder seinem Vermögen. Dabei gilt: Wer eine Straftat begeht, haftet meist auch zivilrechtlich.

Im Falle einer Verurteilung drohen neben Geld- auch Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahre – in besonders schweren Fällen des Betrugs, der Untreue oder des Bankrotts sogar bis zu zehn Jahre. Allerdings werden Verfahren mit Auflage einer Geldstrafe meist eingestellt.

Zu beachten sind auch die Verjährungsfristen. So wurden gegen einen ehemaligen Fremd-Geschäftsführer einer GmbH noch nach Jahren Schadensersatzansprüche geltend gemacht. Der Mann schied 2003 als natürliche Person aus und verkaufte 50 Prozent seiner Anteile an die GmbH. 2005 meldete die Firma Insolvenz an. Der Insolvenzverwalter nahm den ehemaligen Gesellschafter in Anspruch: Er habe durch den Verkauf der Anteile das Stammkapital angegriffen und der Gesellschaft damit einen vermeidbaren Schaden zugefügt. Und dafür hafte er bis zu fünf Jahre.

Haftungsbeispiel 1: Einlagen zugunsten der GmbH
Bei der Anmeldung der GmbH im Handelsregister muss der Geschäftsführer die Aufbringung der Stammkapitaleinlagen versichern. Macht er unrichtige Angaben, haftet er persönlich dafür.

Haftungsbeispiel 2: Gründung und Mini-GmbH
Bis zum Registereintrag haftet der Geschäftsführer gegenüber Dritten mit seinem persönlichen Vermögen. Dies gilt aber nur dann, wenn er im Namen der Gesellschaft Geschäftstätigkeiten aufnimmt.

Auch die Einführung der Mini-GmbH birgt Haftungsrisiken. Dabei gilt hier ebenfalls das volle GmbH-Recht.

Probleme könnte das anzusparende Haftungskapital machen: Im Zweifelsfall reduzieren Gründer mit höheren Geschäftsführergehältern den Gewinn, um Geld für das Stammkapital nicht ansparen zu müssen. Die Gehälter müssen aber angemessen sein, um den gültigen Jahresabschluss nicht zu gefährden.

Haftungsbeispiel 3: Vertragsabschlüsse im Namen der GmbH
Für Gesellschafts-Verbindlichkeiten haftet eigentlich nur die GmbH. Der Geschäftsführer kann aber auch persönlich haften, wenn er beispielsweise den Schein erweckt, ein eigenes Geschäft und nicht ein Geschäft für die GmbH abschließen zu wollen.

Ein typischer Fall: Bei Vertragsabschlüssen wird der Rechtsformzusatz "GmbH" vergessen. Der Geschäftspartner geht deshalb davon aus, dass der Geschäftsführer persönlich Vertragspartner werden will.

Haftungsrisiken bei Firmenkrisen (Insolvenz)
Besonders hohe Haftungsrisiken bestehen für den Geschäftsführer im Falle einer Unternehmenskrise. "In über 90 Prozent der Insolvenzen werden Straftaten begangen", sagt Oberstaatsanwalt Richter. In der Insolvenz gelten bestimmte Pflichten, die unbedingt zu erfüllen sind.

Die häufigste nicht beachtete Pflicht: die rechtzeitige Stellung des Insolvenzantrages innerhalb von drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. Die Frist hält laut Richter fast niemand ein. Die 3-Wochen-Frist zur Antragsstellung gelte auch im Falle einer beabsichtigten Sanierung des Unternehmens, schreibt das Portal Insolvenz-Ratgeber.de. Das heißt, die Sanierungsmaßnahmen seien innerhalb dieser Frist durchzuführen und müssten Erfolge zeigen.

Weitere häufige Insolvenz-Fehler:

  • Das Vorenthalten des auf den Arbeitnehmer entfallenden Anteils am Sozialversicherungsbeitrag. Die Nichtabführung des Arbeitgeberanteils bleibt dagegen straflos.
  • Die Zahlungsunfähigkeit ist eingetreten. Trotzdem werden vom Lieferanten Waren oder Leistungen entgegengenommen, ohne dass deren Bezahlung sichergestellt ist. (Schadenersatzpflicht)
  • Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung werden nicht abgeführt oder es gibt rückständige Steuerzahlungen.

Gerade das Nicht-Zahlen von Arbeitnehmeranteilen komme häufig vor. Viele zahlten statt der Arbeitnehmeranteile (Stichtag: drittletzter Werktag des Monats) lieber die nächsten Monatslöhne.

"Ein schwerer Fehler", sagt Hans Richter. Irgendeine Schuld (Lohn) nicht zu zahlen sei schließlich nicht strafbar. "Das Nicht-Zahlen der Arbeitnehmeranteile schon."

Außerdem gefährdet der Geschäftsführer bei strafrechtlich relevanten Insolvenz-Pflichtverletzungen die eigene Verbraucherinsolvenz. Spätestens dann ist der Gang zu einem Berater unvermeidlich. Ab einer drohenden Zahlungsunfähigkeit ist es für einen Berater fast schon zu spät. Der Berater gehört ins Haus, wenn ich bemerke, dass mein Bankkonto laufend schmilzt oder die Umsätze zurückgehen.

Quelle: perspektive mittelstand