ADF-NewsTicker 04/2010


BGH erschwert Zwangsvollstreckung aus abgetretenen Krediten

Die Forderungsabtretung einer Bank oder Sparkasse gegenüber einem Darlehensnehmer an ein Inkassounternehmen verstößt nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs weder gegen das Bankgeheimnis noch das Bundesdatenschutzgesetz. Die Kreditinstitute entledigen sich auf diesem Weg ihrer "faulen Kredite". Die Übernehmer, die die Forderungen meist mit großen Abschlägen erwerben, können dann die zwangsweise Beitreibung ohne Rücksicht auf bestehende Geschäftsbeziehungen zu dem Bankkunden betreiben. Dieses oft rücksichtslose Vorgehen der Kreditaufkäufer erfordert - so der Bundesgerichtshof in einer aktuellen Entscheidung - einen besonderen Schutz der Darlehensschuldner.

Bislang konnten Kreditaufkäufer die Zwangsvollstreckung allein aufgrund der in den Kreditverträgen üblicherweise vereinbarten Unterwerfungserklärung des Kreditnehmers betreiben. Jetzt hat der zuständige Rechtspfleger bzw. Notar, der die im Rahmen der Zwangsvollstreckung durch den neuen Gläubiger notwendige Titelumschreibung vornimmt, zu prüfen, ob der neue Grundschuldinhaber den Eintritt in den Sicherungsvertrag nach den Maßgaben der Zivilprozessordnung (ZPO) nachgewiesen hat. Diese Prüfung ist in dem 2008 erlassenen Risikobegrenzungsgesetz vorgesehen. Nach dem vorliegenden Urteil gilt diese Prüfungspflicht nun auch für vor dem Jahr 2008 abgeschlossene Darlehens- und Kreditverträge.

Quelle: BGH, AZ.: XI ZR 200/09


Fortführung eines Unterlassungsverfahrens bei Insolvenz des Beklagten

Besteht gegen ein Unternehmen ein Unterlassungsanspruch wegen Verletzung eines gewerblichen Schutzrechts, kann ein Konkurrent einen deswegen eingeleiteten Prozess bei zwischenzeitlich eingetretener Insolvenz des Beklagten gegen den Insolvenzverwalter fortführen. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens macht die Klage nicht unzulässig.

Sie hat jedoch Auswirkungen auf die Begründetheit des Klageanspruchs. So entschied der Bundesgerichtshof, dass in derartigen Fällen grundsätzlich keine Wiederholungsgefahr für ein weiteres gesetzwidriges Verhalten mehr besteht. Mag diese Gefahr bei dem insolventen Unternehmen durchaus vorgelegen haben, muss sie sich der Insolvenzverwalter nicht zurechnen lassen. Ein Unterlassungsanspruch kann nur dann fortbestehen, wenn der Insolvenzverwalter das beanstandete Verhalten fortgesetzt hat.

Quelle: BGH, AZ.: I ZR 158/07


Fristlose Kündigung eines EDV-Administrators

Ein EDV-Administrator darf seine Zugangsrechte nur für seine Aufgaben nutzen, die der Funktion des Computersystems dienen. Er darf nicht außerhalb dieser Aufgaben Inhalte fremder Datenbestände einsehen. Missbraucht er seine Zugangsrechte, kann das eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

Das Landesarbeitsgericht Köln hat deshalb die Kündigungsschutzklage eines EDV-Administrators abgewiesen, dem fristlos gekündigt worden war, weil er E-Mails und Kalendereinträge des Vorstands seiner Arbeitgeberfirma eingesehen hatte.

Das Gericht hat auch nicht die Rechtfertigung des Klägers gelten lassen, er sei zugleich Innenrevisor gewesen, deshalb sei es seine Aufgabe gewesen, auch den Vorstand zu kontrollieren. Schon grundsätzlich – so das Landesarbeitsgericht – sei es nicht Aufgabe von angestellten Innenrevisoren, auch den Arbeitgeber oder seinen Vorstand zu kontrollieren. Auch die für die Innenrevision im konkreten Fall geltenden Richtlinien ergaben ein solches Kontrollrecht nicht.

Landesarbeitsgericht Köln, AZ.: 4 Sa 1257/09


Keine Gewerbeuntersagung während Insolvenzverfahren

Nach den Vorschriften der Gewerbeordnung kann die zuständige Ordnungsbehörde die Fortführung eines Gewerbes bei "ungeordneten wirtschaftlichen Verhältnissen", insbesondere bei erheblichen Steuerschulden untersagen. Das Verwaltungsgericht Trier schränkt diese Befugnis für die Dauer eines laufenden Insolvenzverfahrens über das Vermögen des betroffenen Betriebs ein.

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht zur Verwaltung der gesamten Insolvenzmasse auf den Insolvenzverwalter über. Diesem obliegt es, die ordnungsmäßige Abwicklung bzw. Fortführung des Betriebs zu überwachen. Der Schuldner kann in dieser Zeit gar keine wirksamen Verfügungen mehr treffen. Zudem würde der Zweck des Insolvenzrechts, dem Schuldner einen Neustart zu ermöglichen, durch die Gewerbeuntersagung unterlaufen.

Quelle: Quelle: VG Trier, AZ.: 5 K 11/10.TR


Keine Inkassozulassung bei Vorstrafe

Ein Inkassounternehmer, der wegen gewerbsmäßigen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden ist und zudem im Zwangsvollstreckungsverfahren die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, darf seinen Beruf nicht mehr ausüben.

Ein Inkassounternehmer macht außergerichtlich Forderungen geltend und zieht sie ein. Dazu bedarf er einer Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz. Die Erteilung der Erlaubnis setzt - neben der Sachkunde des Antragstellers - auch seine Zuverlässigkeit voraus. Fällt diese Voraussetzung nachträglich weg, so wird die Erlaubnis von der Aufsichtsbehörde widerrufen.

Von dieser Befugnis hat der Präsident des Landgerichts Oldenburg als Aufsichtsbehörde vorliegend Gebrauch gemacht, d.h. er hat die dem Kläger ursprünglich im Jahr 1997 erteilte Erlaubnis als Inkassounternehmer im September 2005 widerrufen. Dem Präsidenten war bekannt geworden, dass der Kläger wegen Betruges verurteilt worden war und weitere Ermittlungsverfahren gegen ihn anhängig oder nur vorläufig eingestellt waren.

Nds. OLG. AZ.: 8 LA 88/07


Keine Restschuldbefreiung nach Geldverschwendung

Nach den Vorschriften der Insolvenzordnung (InsO) soll nur der "redliche" Schuldner in den Genuss einer Restschuldbefreiung kommen. Gibt ein Schuldner einen ihm als letztes zur Verfügung stehenden Geldbetrag (hier 19.200 Euro), der ursprünglich für den laufenden Geschäftsbetrieb vorgesehen war, in Spielkasinos und Nachtbars aus und stellt er wenige Tage später Insolvenzantrag, liegt eine Vermögensverschwendung i.S.d. § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO (Insolvenzordnung) vor, die der Erteilung einer Restschuldbefreiung entgegensteht.

Quelle: AG Göttingen, AZ.: 71 IN 14/04


Kreditaufnahme für Unterhaltsverpflichtungen

Ein Mann hatte sich in einem gerichtlichen Vergleich verpflichtet, seiner geschiedenen Frau Unterhalt in Höhe von ca. 20.000 Euro nachzuzahlen. Ein Recht zum Widerruf sollte ihm nur dann zustehen, wenn es ihm nicht gelingen würde, den Vergleichsbetrag zu finanzieren. Trotz Vorliegens mehrerer Finanzierungsangebote widerrief der Unterhaltsschuldner den Vergleich, da er für den günstigsten Kredit ca. 4.000 Euro Zinsen zu zahlen hätte; dies sei eine unzumutbare Belastung.

Das Oberlandesgericht Zweibrücken sah das anders. Eine solche Zinsbelastung ist durchaus zumutbar. Der Schuldner muss diese angemessene Verschuldung insbesondere im Hinblick darauf hinnehmen, dass es sich bei den Unterhaltszahlungen um eine gesetzlich begründete Verpflichtung und nicht um eine freiwillige Leistung handelt. Ungeachtet dessen liegt das Risiko für die Konditionen der Finanzierung allein beim Unterhaltspflichtigen.

Quelle: OLG Zweibrücken, AZ.: 6 UF 39/09


Kredit trotz verschwiegenem Offenbarungseid nicht kündbar

Eine Bank darf einen Kreditvertrag nicht vorzeitig kündigen, weil der Kunde einen vor mehr als zwei Jahren geleisteten "Offenbarungseid" verschwiegen hat. Das geht aus einem Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt hervor.

Nach dem Richterspruch gilt dies auch, wenn eine von der Bank eingeholte Schufa-Auskunft diese Information ebenfalls nicht enthält. Der Kunde müsse auf die Unvollständigkeit der Auskunft nicht von sich aus aufmerksam machen, heißt es in dem Beschluss.

Das OLG wertete mit seinem Spruch die vorzeitige Kündigung eines Kreditvertrages als rechtswidrig. Die Bank hatte den Vertrag «aus wichtigem Grund» gekündigt, weil sie der Auffassung war, der Kunde habe sie bei Vertragsabschluss getäuscht. So habe er verschwiegen, dass seine Frau vor gut zwei Jahren wegen finanzieller Probleme zwei sogenannte eidesstattliche Versicherungen abgeleistet hatte.

Die Frankfurter Richter beurteilten den Fall jedoch anders. Da die Schufa-Angaben keine entsprechenden Informationen enthielten, habe der Kunde sie auch nicht von sich aus ansprechen müssen. Denn er habe nicht wissen können, welche Löschungsfristen bei der Schufa gelten und daher davon ausgehen dürfen, dass die früheren finanziellen Probleme für die aktuelle Kreditvergabe keine Bedeutung mehr hätten.

Quelle: OLG Frankfurt, AZ.: 19 U 41/10


Lagerkosten bei Abnahmeverzug

Ein Importeur verkaufte 758 in China hergestellte Maschinen. Die ersten Teillieferungen über insgesamt 516 Maschinen nahm der Kunde ab und bezahlte sie. Der Aufforderung und darauffolgenden Mahnung, auch die restlichen 242 Maschinen anzunehmen und zu bezahlen, kam der Käufer nicht nach.

Die Importfirma lagerte die Waren ein und verlangte neben der Kaufpreiszahlung (Zug um Zug gegen Lieferung) von dem säumigen Käufer den Ersatz der Lagerkosten.

Der Bundesgerichtshof hielt den Verkäufer für berechtigt, die Ware während des Annahmeverzugs des Käufers in eigener Obhut zu behalten und verurteilte den Käufer zur Zahlung der Lagerkosten von monatlich 798 DM.

BGH, AZ.: XIII ZR 185/94


Räumungskläger darf Heizung abstellen

Der Bundesgerichtshof hat die sibirische Methode in der Geschäftsraummiete für zulässig erklärt. Danach kann der Vermieter Versorgungsleistungen wie Heizung, Strom, Wasser nach Beendigung des Mietverhältnisses einstellen. Der Mieter hat nach verweigerter Mietzahlung sowie wirksamer Kündigung kein Recht auf eine fortgesetzte Versorgung. Abwehransprüche bestehen nur gegen Eingriffe von außen. Der Räumungskläger darf die Heizung abstellen

BGH, AZ.: XII ZR 137/07


Sperrung eines eBay-Accounts wegen schwerwiegender Verstöße gegen AGB

Der Betreiber der Verkaufsplattform eBay ist berechtigt, den Account eines Unternehmens zu sperren, wenn über dessen Zugang mehrmals in eklatanter Weise gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) verstoßen wurde. Hierbei spielt es keine Rolle, dass ein Mitarbeiter den Zugang in unberechtigter Weise für private Geschäfte genutzt hat. Bei - wie hier - besonders schwerwiegenden Verstößen bedarf es keiner vorherigen Abmahnung durch eBay.

Das betroffene IT-Unternehmen konnte sich auch nicht darauf berufen, wirtschaftlich auf die Verkäufe über eBay angewiesen zu sein. Das Brandenburgische Oberlandesgericht zählte zu dem für das betroffene Unternehmen sachlich relevanten Markt auch sämtliche Online-Shops, Internetplattformen und Online-Marktplätze. Insgesamt hat eBay hier höchstens einen Marktanteil von einem Drittel. Der von eBay ausgeschlossene Händler muss daher seine Verkaufsaktivitäten auf andere Bereiche des Internets verlagern.

OLG Brandenburg, AZ.: W 11/09


Unzulässige Aufrechnung bei Speditionsinkasso

Zwei Speditionsunternehmen arbeiteten regelmäßig zusammen, indem sie gegenseitig Transport- und Speditionsleistungen erbrachten. Bei der Durchführung mehrerer Transporte zog eines der Unternehmen den Warenwert der beförderten Güter bei den Empfängern per Nachname ein. Die vereinnahmten Beträge verrechnete es mit eigenen offenen Forderungen gegen seinen Kooperationspartner.

Der Bundesgerichtshof hielt diese Aufrechnung für unzulässig, da es sich bei den eingenommenen Nachnahmebeträgen um zweckgebundene Fremdgelder handelte. Zweck des Auftrags war es, die beförderten Güter nur gegen Zahlung des jeweiligen Nachnamebetrages an den Empfänger auszuliefern. Dadurch sollte das berechtigte Interesse des Absenders am Erhalt des Kaufpreises für die Ware gesichert werden. Die materielle Berechtigung an den von dem Spediteur eingezogenen Warengegenwerten stand daher nicht ihm, sondern seinem Auftraggeber zu.

BGH, AZ.: I ZR 209/96


Widerruf von Abbuchungen durch Insolvenzverwalter

Ein Kontoinhaber kann einer im Rahmen einer Einzugsermächtigung vorgenommenen Abbuchung innerhalb von sechs Wochen widersprechen. Er kann sich jedoch schadensersatzpflichtig machen, wenn der Widerspruch ohne sachlichen Grund erfolgt. Dies gilt nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs nicht im Falle eines vorläufigen Insolvenzverwalters, der sämtliche durch Einzugsermächtigungen erfolgten Belastungsbuchungen der letzten sechs Wochen auf dem Konto des Insolvenzschuldners widerruft. Ein Insolvenzverwalter handelt hierbei nicht ohne sachlichen Grund, da er gesetzlich verpflichtet ist, die künftige Insolvenzmasse zugunsten aller Gläubiger zu erhalten.

BGH, AZ.: IX ZR 22/03