Schnellere Restschuldbefreiung gefährdet Gläubigerrechte

Die Bundesregierung will das Verbraucherinsolvenzverfahren vereinfachen. Unter bestimmten Bedingungen sollen Schuldner bereits nach drei statt wie bisher sechs Jahren eine Restschuldbefreiung erreichen können. Die Verbraucherinsolvenzen könnten dann um bis zu 20 Prozent steigen, befürchtet der BDIU.

Der Grund: Viele bereits insolvenzreif verschuldete Verbraucher warten derzeit mit einem Antrag auf Verbraucherinsolvenz, um das schuldnerfreundlichere Verfahren abzuwarten.
 
Der BDIU kritisiert, dass das Gesetz Schuldnern falsche Signale sende. Unredliche Verbraucher könnten es als Einladung zum Schuldenmachen missverstehen. Die Umfrage bestätigt das. 81 Prozent der Inkassounternehmen erwarten, dass sich eine schnellere Restschuldbefreiung negativ auf die Zahlungsmoral aller Verbraucher auswirken würde.
 Aus Sicht der Gläubiger muss deshalb jede Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens abgelehnt werden, da hierdurch die ohnehin nicht sonderlich großen Befriedigungschancen der Gläubiger weiter abgesenkt werden. Dies treffe oft Handwerker sowie kleine und mittlere Unternehmen, die auf jeden Euro angewiesen sind, um nicht selbst in eine wirtschaftliche Schieflage zu geraten. Der Inkassoverband kritisiert, dass der Gesetzgeber wirtschaftliche Schwierigkeiten an sich gesunder Unternehmen in Kauf nehme, nur um Verbrauchern eine vorzeitige Entschuldung zu ermöglichen. Das sei unverhältnismäßig.

Gläubiger werden benachteiligt
Nach Analyse des BDIU gehe die Regierung von der falschen Prämisse aus, dass ein einmal masseloses Verfahren während der gesamten Verfahrensdauer immer masselos bleibt, also weder im eröffneten Insolvenzverfahren noch in der Wohlverhaltensperiode Gelder seitens des Schuldners fließen. Nach der Umfrage gibt es aber sehr wohl Fälle, in denen Schuldner zum Beispiel durch einen neuen Job wieder Zahlungen an die Gläubiger leisten können, auch wenn sie bei Beginn des Insolvenzverfahrens masselos waren. Die Erfahrung der Inkassounternehmen sei zudem, dass die Rückzahlungsquoten im vierten bis sechsten Jahr des Restschuldbefreiungsverfahrens größer seien als in den ersten drei Jahren. EineRestschuldbefreiung nach drei Jahren würde Gläubiger also in jedem Fall benachteiligen.
 
Der BDIU kritisiert auch die vorgesehene Mindestbefriedigungsquote von 25 Prozent, mit der ein insolventer Verbraucher in den Genuss einer auf drei Jahre halbierten Wohlverhaltensperiode gelangen soll. Zwar sei es zu begrüßen, dass ehemals Selbst­ständigen schneller eine „zweite Chance“ ermöglicht werden solle. „Wir befürchten aber erhebliche Mitnahmeeffekte zum Schaden der Gläubiger“, so Kremer. Die Gläubigervertreter befürchten, dass auch viele Nichtselbstständige, bei denen derzeit pfändbare Masse für die gesamte Verfahrenszeit generiert wird, diese Möglichkeit nutzen würden.
 
Die gleichfalls vorgeschlagene Verkürzung der Wohlverhaltensperiode auf fünf Jahre, wenn die betroffenen Schuldner zumindest die Verfahrenskosten begleichen können, lehnt der BDIU ebenfalls ab. Nach BDIU erwecke das den Eindruck, als ginge es dem Gesetzgeber nicht um die Befriedigung der Gläubiger oder darum, eine höhere Befriedigungsquote zu erzielen, sondern in erster Linie darum, die oftmals gestundeten Kosten des Verfahrens zu decken. Der BDIU hält derartige Bestimmungen für völlig inakzeptabel, da sie die Insolvenzordnung zu einem reinen Selbstzweck degradieren würden. Die Einschätzung des Bundesjustizministeriums, dass eine schnellere Restschuldbefreiung insolventen Schuldnern Anreize verschafft, ihre Gläubiger besser und schneller zu befriedigen, teilen die Inkasso-Experten nicht. Nur 7 Prozent der Inkassounternehmen erwarten sich dadurch höhere Realisierungsquoten für die Gläubiger. 61 Prozent befürchten eine Verschlechterung.
 
Quelle: BDIU