10 Prozent der erwachsenen Bevölkerung ist ver- oder überschuldet

Auch in diesem Jahr werden wieder gut 100.000 Verbraucher in die private Insolvenz gehen. Damit sinkt diese Zahl zwar leicht (um 9 Prozent gegenüber 108.798 im letzten Jahr). Viele private Haushalte sind aber nach wie vor hoch verschuldet.
 
Etwa 10 Prozent der erwachsenen deutschen Bevölkerung ist verschuldet oder sogar überschuldet. Ein Großteil von ihnen könnte den Weg wählen, sich über ein Verbraucherinsolvenzverfahren zu entschulden und so einen wirtschaftlichen Neuanfang zu wagen. Angesichts dieses hohen Anteils wirkt die Zahl der tatsächlichen Verbraucherinsolvenzen in Deutschland vergleichsweise gering. Seit 2006 verzeichnet die Statistik jedes Jahr rund 100.000 solcher privaten Insolvenzen – nachdem in den Jahren zuvor teilweise rasante Steigerungsraten zu verzeichnen waren. "Die Verbraucherinsolvenz kann eine Möglichkeit sein, sich seinen Schulden zu stellen und eine krisenhafte private Situation zu überwinden“, so Marion Kremer. "Aber sie istnicht die einzige. Die Ursachen von Überschuldung liegen tiefer, und diese Ursachen müssen wir bekämpfen, um langfristig Erfolg zu haben.“
 
Dass das Problem akut ist, belegt die Umfrage der Inkassowirtschaft. Befragt nach den Gründen, warum private Kunden Rechnungen aktuell nicht oder verspätet begleichen, nennen 90 Prozent der teilnehmenden Unternehmen Überschuldung. 69 Prozent führen Arbeitslosigkeit als Grund an, 56 Prozent ein vorsätzliches Nichtbezahlen und 47 Prozent einen vorübergehenden Liquiditätsengpass der säumigen privaten Zahler.
  
Während sich Arbeitslosigkeit – insbesondere vor dem Hintergrund eines stabilen Jobmarktes – und ein Liquiditätsengpass für die Betroffenen in aller Regel als vorübergehende Zustände darstellen, lässt sich eine Überschuldungssituation für den Einzelnen nicht ohne Weiteres auflösen.
 
"Als überschuldet gilt, wer dauerhaft weniger einnimmt, als er an Verbindlichkeiten zu begleichen hat“, erläutert Marion Kremer. Das Einkommen reicht also nicht aus, um etwa Miete, Kredite und Waren des täglichen Bedarfs zu finanzieren.
 
Dabei ist Überschuldung meistens das Ergebnis eines längeren Prozesses und hat nicht nur eine einzelne Ursache. Betroffene häufen Zahlungsverpflichtungen über einen großen Zeitraum an. Wenn dann nicht geplante Ereignisse wie Arbeitslosigkeit, Krankheit oder eine Scheidung eintreten, wird aus einer zunächst als beherrschbar angenommenen Verschuldung schnell eine Überschuldung. Hinzu kommt, dass immer noch der Konjunktureinbruch der Jahre 2008 und 2009 nachwirkt: "Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit haben bei vielen das Schuldenfass zum Überlaufen gebracht“, berichtet Kremer.
 
"Schuldner sollten Schicksal in die eigene Hand nehmen – oder sich kompetent helfen lassen“
Grundfalsch ist es, wenn Überschuldete den Kopf in den Sand stecken und einfach abwarten. Kremer rät: "Wer Schulden hat, sollte vielmehr den Kontakt zu den Gläubigern aufnehmen und  sich um eine Bereinigung der Angelegenheit bemühen.“
 
BDIU für mehr öffentliche Schuldnerberatungen
Öffentliche Schuldnerberatungsstellen zum Beispiel könnten helfen, so Kremer, etwa wenn Verschuldete den Überblick über ihre Verbindlichkeiten verloren haben und zunächst einmal klären müssten, bei wem sie tatsächlich in der Kreide stehen. "Viele wollen ja wirklich raus aus den Schulden“, so Kremer. "Daher brauchen Sie Hilfe – leider aber gibt es zu wenige Schuldnerberatungsstellen, etwa bei der Caritas oder anderen öffentlichen Einrichtungen.“ Mehr Beratungsmöglichkeiten zu schaffen, sei daher eine notwendige Antwort auf die Überschuldungskrise.

Quelle: BDIU