ADF-NewsTicker Januar 2010


Geschiedenenunterhalt: Anrechnung nicht entnommener Unternehmergewinne
 
Im Rahmen eines Scheidungsverfahrens machte die Ehefrau eines Unternehmers u.a. Unterhaltsansprüche geltend. Sie warf ihrem Ehemann, der zu 80 Prozent Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH war, vor, er verlange gegenüber der GmbH seine Gewinnansprüche bewusst nicht in voller Höhe, um so seine Unterhaltsverpflichtungen möglichst gering zu halten. Der Mann führte unternehmerische Gründe für die Nichtauszahlung an. Das Oberlandesgericht Hamm stellte zu derartigen Fällen der Anrechnung nicht entnommener Unternehmergewinne folgende Regeln auf:
 
"Eine fiktive Zurechnung von nicht ausgeschütteten Gewinnen aus dem Betrieb eines Unternehmens zulasten des unterhaltspflichtigen geschäftsführenden Mehrheitsgesellschafters setzt voraus, dass dieser seine unterhaltsrechtliche Obliegenheit, zumutbare Gewinne aus dem Unternehmen zu realisieren, in vorwerfbarer Weise verletzt hat. Vorwerfbar ist das Unterlassen einer Gewinnausschüttung an die Gesellschafter nur dann, wenn der geschäftsführende Mehrheitsgesellschafter die Grenzen seiner unternehmerischen Freiheit in einer Art und Weise überschreitet, die dem Unterhaltsgläubiger, unter Berücksichtigung der Belange der übrigen Mitgesellschafter und der Interessen der Unterhaltsberechtigten auf dauerhafte Sicherstellung ihres Unterhalts, nicht zumutbar ist. Bei der Zumutbarkeitsabwägung sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen."

Quelle: OLG Hamm, AZ: 2 UF 43/08


Haftung des Mitdarlehensnehmers
 
Wer als Angehöriger eine Bürgschaft oder eine sonstige Mithaftung für einen Bankkredit eingeht und aufgrund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse mit der eingegangenen Verpflichtung in eklatanter Weise überfordert ist, hat vor Gericht gute Chancen, dass der Bürgschaftsvertrag für sittenwidrig und damit unwirksam erklärt wird. Diese Möglichkeit besteht jedoch dann nicht, wenn der Angehörige rechtlich als Mitdarlehensnehmer mit einem Eigeninteresse an der Kreditgewährung anzusehen ist. Der Bundesgerichtshof zeigt die dabei entstehenden Beweisfragen auf.
 
Die kreditgebende Bank muss grundsätzlich darlegen und beweisen, dass die Voraussetzungen für eine echte Mitdarlehensnehmerschaft vorliegen. Spricht hierfür der Wortlaut des vorformulierten Darlehensvertrags, hat der Schuldner nach den Regeln über die sekundäre Darlegungslast darzutun, dass er nicht das für eine Mitdarlehensnehmerschaft notwendige Eigeninteresse an der Kreditaufnahme besaß. Der vorliegende Prozess ging zu Ungunsten der (mittlerweile geschiedenen) Ehefrau eines Handwerkers aus, die einen für den Betrieb abgeschlossenen Kreditvertrag als "2. Kreditkonto-Inhaber (Ehegatte)" unterschrieben hatte. Sie konnte nicht nachweisen, dass die Kreditaufnahme nicht auch in ihrem eigenen Interesse erfolgt war.
Quelle: BGH, AZ: XI ZR 454/07

 


Unbefristeter Unterhalt nach langer Ehezeit und schwerer Erkrankung
 
Eine Ehefrau muss eine Befristung ihrer nachehelichen Unterhaltsansprüche nicht hinnehmen, wenn sie nach 26-jähriger Ehe, während der sie den Haushalt versorgt und vier gemeinsame Kinder großgezogen hat, an Krebs erkrankt und dadurch zu 100 Prozent erwerbsunfähig wird. Der Bundesgerichtshof lehnte einen Antrag des Ehemanns, eines Beamten mit monatlichen Nettobezügen von ca. 2.500 Euro, auf Befristung des zuletzt geschuldeten Unterhalts von monatlich 102 Euro nun in letzter Instanz ab. In diesem Fall gebieten es die von der Ehefrau für die Familie erbrachte Leistung und die über das Übliche hinausgehende nacheheliche Solidarität, ihr einen unbefristeten Unterhaltsanspruch zuzuerkennen.
 
Quelle: BGH, AZ.: XII ZR 111/08