BDIU: Gutes Zahlungsverhalten wird sich 2015 verschlechtern

Die Rechnungstreue in Deutschland ist nach Angaben der Inkassowirtschaft weiterhin gut. In der Halbjahresumfrage unter den 560 Mitgliedern des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. (BDIU) berichten jetzt 66 Prozent der Inkassodienstleister, dass das Zahlungsverhalten unverändert im Vergleich zum ersten Halbjahr 2014 ist. Grund ist die bis jetzt noch gute wirtschaftliche Lage von Unternehmen und Verbrauchern.
 
Das Zahlungsverhalten der Verbraucher und der Unternehmen und insbesondere die Insolvenzen würden jedoch der Wirtschaftsentwicklung hinterherlaufen. Das aktuell immer noch gute Zahlungsverhalten sei das Ergebnis des  des in den vergangenen Jahren kräftig gewachsenen Bruttoinlandsprodukts. Jetzt würden allerdings auch wieder die Risiken für die Unternehmen wachsen.
 
Laut der Umfrage gibt es einige Branchen, deren Firmen aktuell unter einer laxen Rechnungstreue ihrer Kunden leiden. Die Inkassounternehmen verweisen insbesondere auf den Online- und Versandhandel (37 beziehungsweise 32 Prozent der Inkassounternehmen melden, dass diese derzeit besondere Probleme mit dem Zahlungsverhalten ihrer Kunden haben) sowie Energieversorger (36 Prozent), Wohnungsvermieter (36 Prozent), Fitnessstudios (35 Prozent) und die Dienstleistungsbranche allgemein (32 Prozent) – mithin alles Branchen, die vor allem Verbraucher als Kunden haben.

Deren Rechnungstreue beurteilen die Inkassounternehmen denn auch im Vergleich deutlich schlechter als die von gewerblichen Schuldnern. Immerhin 34 Prozent der BDIU-Mitglieder melden, dass Verbraucher zum Ausgang des Jahres 2014 schlechter bezahlen, als das noch zur Jahresmitte der Fall war – bei gewerblichen Schuldnern teilen nur 23 Prozent der Inkassounternehmen diese Erfahrung.
 
Dass sich aber ausgerechnet 2014 das private Zahlungsverhalten im zweiten Halbjahr schlechter entwickelt, überrascht dennoch – Gründe wie der Verlust des Jobs oder andere konjunkturell bedingte Ursachen, die naturgemäß die finanziellen Mittel privater Haushalte einschränken können, spielen ja derzeit kaum eine Rolle. Nur 56 Prozent der Inkassounternehmen melden, dass Arbeitslosigkeit der Grund ist, warum Verbraucher aktuell nicht zahlen. Vor einem Jahr lag dieser Wert noch bei 61 Prozent.

Als Hauptgrund geben 78 Prozent Überschuldung an. Kurz dahinter kommt der Umfrage nach ein unkontrolliertes Konsumverhalten. Zwei von drei BDIU-Mitgliedern (70 Prozent) bestätigen das.
 
Offensichtlich haben einige Verbraucher in den letzten Monaten  ihr Konsumverhalten verändert und sind risikofreudiger geworden, was ihr finanzielles Engagement angeht. Vor allem zwei Ursachen sehen die Inkassounternehmen dafür: Zum einen bewerteten die Konsumenten inzwischen ihre Zukunftsaussichten besser. Immer weniger befürchten, ihren Job zu verlieren, was natürlich eine gute Entwicklung ist. Die meisten Verbraucher gehen heute davon aus, dass sie auch weiterhin mindestens über ihre aktuellen finanziellen Kapazitäten verfügen oder sich ihre Lage sogar verbessert. Dadurch seien sie aber auch eher dazu geneigt, das Bezahlen von Rechnungen laxer anzugehen. Dies mag auch im Zusammenhang mit den niedrigen Zinsenstehen, die suggerieren, dass Geld billiger und mit weniger Verpflichtungen verbunden zu haben wäre. Das ist durchaus zu spüren.
 
Einen weiteren Grund sehen die Inkassounternehmen in einer geänderten Gesetzeslage. Seit Mitte des Jahres können Überschuldete ein schnelleres Verbraucherinsolvenzverfahren durchlaufen. Unter bestimmten Voraussetzungen können sie bereits nach Ablauf von drei Jahren eine sogenannte Restschuldbefreiung erlangen. Dies sei schlecht für die Gläubiger, vorher mussten sich noch alle Privatschuldner im Insolvenzverfahren volle sechs Jahre bemühen, die Forderungen ihrer Gläubiger zumindest zum Teil zu bedienen. Außerdem hat die Aussicht auf eine schnellere Insolvenz negative Auswirkungen auf einer psychologischen Ebene. Unredliche Konsumenten erhalten den Eindruck, dass sie relativ risikoarm Schulden machen könnten – denn sie glauben, dass ein Gericht sie schon nachdrei Jahren wieder schuldenfrei stellen würde. Die Folgen sehen wir bereits: Das Zahlungsverhalten privater Schuldner kühlt sich ab, und wer hohe Schulden hat, ist jetzt noch weniger dazu bereit, sich mit seinen Gläubigern über sinnvolle Rückzahlungen zu unterhalten, sondern strebt gleich das gerichtliche Verfahren an.“
 
Nur wenige Monate nach Inkrafttreten des neuen Insolvenzrechts berichtet nun bereits jedes fünfte Inkassounternehmen, dass Schuldner schneller ein Privatinsolvenzverfahren anstreben. Deren Anteil dürfte wohl weiter zunehmen.