BDIU kritisiert Zahlungsverhalten der öffentlichen Hand

In ihrer Herbstumfrage kritisiert der Bundesverband Inkasso das Zahlungsverhalten des öffentlichen Sektors. 17 Prozent der Inkassounternehmen berichten, dass sich das ohnehin schlechte Zahlungsverhalten vor allem von Städten und Gemeinden in diesem Herbst weiter verschlechtert hat. Eine Besserung hat kein Inkassounternehmen beobachtet.

"Die Finanzlage der Kommunen ist schlecht", so Spitz. "Immer mehr Städte stehen vor der Zwangsverwaltung – gälten für sie der Privatwirtschaft vergleichbare Regeln, dann wäre ein Großteil der deutschen Kommunen schlicht und ergreifend insolvent." Obwohl die Wirtschaft in den vergangenen beiden Jahren robust gewachsen ist, verzeichnen die kommunalen Haushalte weiterhin ein hohes ungedecktes Finanzierungssaldo. In diesem Jahr rechnet der Deutsche Städtetag mit einem Defizit von bis zu 10 Milliarden Euro. Die Folge: Dringend notwendige Investitionen in die kommunale Infrastruktur werden verschoben oder ganz gestrichen. Bäder, Bibliotheken, Museen müssen schließen, vielerorts ist so wenig Geld da, dass selbst heute noch nicht einmal die Straßenlöcher ausgebessert sind, die die letzten beiden Winter gerissen haben. In einer solchen Situation braucht es neben Haushaltsdisziplin eine offene Debatte über Einnahmeverbesserungen, ist Spitz überzeugt – "und hier muss über alles diskutiert werden, was den Kommunen mehr Geld bringt und dabei den Bürgern und der Wirtschaft vor Ort keine weiteren Belastungen aufbürdet", so der Verbandspräsident. "Das Forderungsmanagement gehört auf die Tagesordnung der Kommunen."

16 Milliarden Euro Außenstände
Denn auch die Außenstände der Städte und Gemeinden haben inzwischen historische Höchststände erklommen. Derzeit  werden über 16 Milliarden Euro den kommunalen Kassen nicht oder verspätet beglichen. "Im Interesse der Bürger müssen Kommunen ihren offenen Forderungen genau so professionell und konsequent nachgehen, wie es auch  erfolgreiche Unternehmen machen", fordert Spitz. "Die Stadt Wiesbaden ist dafür ein gutes Beispiel." Seit 2003 betreibt die hessische Landeshauptstadt ein kommunales Forderungsmanagement, an dem alle Ämter in einer konzertierten Aktion der gesamten Verwaltung beteiligt sind. Das bedeutet, dass Mahnabläufe schnell in Gang gesetzt werden, Außenstände einer konsequenten Überwachung unterliegen und sich die Ämter permanent untereinander zu dem Thema austauschen. Ein wichtiger Baustein dabei ist auch die Zusammenarbeit mit Unternehmen der Privatwirtschaft: Die Stadt profitiert von einem Know-how-Transfer insbesondere mit Inkassounternehmen und Auskunfteien, die – unter strenger Einhaltung des Datenschutzes – Dienstleistungen wie Bonitätsprüfungen oder das Inkasso niedergeschlagener Forderungen übernehmen. "Wiesbaden hat es dadurch geschafft, seine monatlichen Außenstände um rund 6 Millionen Euro zu reduzieren", berichtet Spitz. "Andere Kommunen sollten diesem Beispiel folgen."
 
Handwerker in Mitleidenschaft
Unter der schlechten Finanzausstattung der Kommunen leiden auch viele Firmen vor Ort, etwa Handwerksbetriebe, die oft mit behördlichen Auftraggebern zusammenarbeiten. In der Herbstumfrage melden 58 Prozent der Inkassounternehmen, dass die Zahlungsmoral von Handwerkskunden problematisch ist - die Dienstleistungsbranche nennen 50 Prozent, das Baugewerbe 44 Prozent.

Zahlungsschwierigkeiten auch im Onlinehandel
Immer wichtiger für die Wirtschaft wird der Onlinehandel. Allerdings gibt es auch hier Zahlungsschwierigkeiten. Im BDIU-Panel bescheinigen 42 Prozent der Befragten den Kunden dieser Branche ein schlechtes Zahlungsverhalten – damit ist dieser Wert fast viermal so hoch wie im klassischen Einzelhandel (13 Prozent). Ein Grund: "Im Distanzhandel bekommen sich Händler und Verkäufer nicht persönlich zu Gesicht. Leider animiert das manche Käufer dazu, absichtlich Zahlungen nicht zu leisten oder gar den Händler zu betrügen", berichtet Spitz.
 
Allerdings ist das nicht nur ein Problem für Onlinehändler: Immerhin 56 Prozent der Inkassounternehmen beobachten, dass private Schuldner ihre Forderungen absichtlich nicht oder verspätet begleichen. "Hier hilft nur schnelles und konsequentes Mahnen und sich bereits im Vorfeld mit Bonitätsinformationen abzusichern", rät Spitz.
 
"Nach dem Konjunktureinbruch 2009 hatten Wirtschaft und Politik zwei Jahre Zeit, sich für ein erneutes Konjunkturabflauen abzusichern", fasst Spitz zusammen. "Im nächsten Jahr werden wir sehen, wie erfolgreich diese Maßnahmen letztendlich waren."
 
Quelle: BDIU