Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung (Teil 3)

Schonfrist bei Zahlungsvereinbarung

Die gütliche Erledigung ist das Ziel. Der Leitgedanke, der bisher bereits etwas verstreut in den Vorschriften der §§ 806b , 813a und 900 Abs. 3 ZPO verankert war, wird künftig mit dem § 802b ZPO  vorangestellt. 

Der Gerichts­vollzieher hat nunmehr in jeder Phase des Verfahrens auf eine gütliche Einigung hinzuwirken.

§ 802b
Gütliche Erledigung; Vollstreckungsaufschub bei Zahlungsvereinbarung

(1) Der Gerichtsvollzieher soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütli­che Erledigung bedacht sein.
 
(2) 'Hat der Gläubiger eine Zahlungsvereinbarung nicht ausgeschlossen, so kann der Gerichtsvollzieher dem Schuldner eine Zahlungsfrist einräumen oder eine Tilgung durch Teilleistungen (Ratenzahlung) gestatten, sofern der Schuldner glaubhaft darlegt, die nach Höhe und Zeitpunkt festzusetzenden Zahlungen erbringen zu können. 2Soweit ein Zahlungsplan nach Satz 1 fest­gesetzt wird, ist die Vollstreckung aufgeschoben. 3Die Tilgung soll binnen zwölf Monaten abgeschlossen sein.
 
(3) 'Der Gerichtsvollzieher unterrichtet den Gläubiger unverzüglich über den gemäß Absatz 2 festgesetzten Zahlungsplan und den Vollstreckungsauf­schub. 2Widerspricht der Gläubiger unverzüglich, so wird der Zahlungsplan mit der Unterrichtung des Schuldners hinfällig; zugleich endet der Vollstre­ckungsaufschub. 3Dieselben Wirkungen treten ein, wenn der Schuldner mit einer festgesetzten Zahlung ganz oder teilweise länger als zwei Wochen in Rückstand gerät.

§ 802b ZPO löst die bisherigen Regelungen in § 806b, 813a und b sowie 900 Abs. 3 ZPO ab, die allesamt aufgehoben werden.

Der Gläubiger muss grundsätzlich einer solchen Stundungsbewilligung zustimmen. Dieses Einverständnis wird nach § 802 Abs. 2 S. 1 ZPO n.F. zukünftig unterstellt, wenn Sie im Antrag nicht ausdrücklich bereits im Vollstreckungsauftrag ausgeschlossen wurde. Anders als in § 813b ZPO und in § 900 Abs. 3 ZPO vorgesehen, ist eine Zahlungsvereinbarung des Schuldners mit dem Gerichtsvollzieher gegen den ausdrücklichen Willen des Gläubigers nicht mehr möglich.

Für den Gläubiger ergeben damit drei Antragsoptionen

  • Zunächst kann der Gläubiger schon im Vollstreckungsantrag einer gütlichen Erledigung ausdrücklich widersprechen. In diesem Fall ist der Gerichtsvollzieher nicht be­fugt, eine solche Zahlungsvereinbarung zu treffen und einen Vollstreckungsauf­schub zu bewilligen.
  • Der Gläubiger kann aber auch zur gütlichen Erledigung nach § 802b ZPO keine Stellungnahme abgeben. Sein Schweigen ist dann im Sinne einer vorläufige Zustimmung zum Abschluss einer Zahlungsvereinbarung zu verstehen, die al­lerdings unter dem Vorbehalt eines späteren Widerspruchs nach § 802b Abs. 2 ZPO steht.
  • Er kann der gütlichen Erledigung ausdrücklich zustimmen und dabei auch die Rahmenbedingungen festlegen, unter denen die Zustimmung steht, d.h. etwa eine Mindestrate oder eine Höchstdauer für den Forderungsausgleich festlegen. 

Um eine gütliche Einigung herbeizuführen, stehen dem Gerichtsvollzieher gemäß § 802b ZPO n.F. zwei unterschiedliche Instrumente zur Verfügung: Zum einen kommt

  • die Einräumung einer Zahlungsfrist und zum anderen
  • die Gewährung einer Ratenzahlung

in Betracht wenn zwei Voraussetzungen vorliegen:

  • Der Schuldner muss glaubhaft darlegen, dass in der Lage ist die nach Höhe und Zeitpunkt festzusetzenden Zahlungen auch erbringen zu können.
  • Die festzusetzenden Zahlungen sollen dazu führen, dass die Tilgung binnen 12 Monaten abgeschlossen ist, soweit der Gläubiger keine andere Bestimmung trifft.

Dass die mit dem Schuldner vereinbarte Rate zu einer Tilgung der Gesamtforderung binnen 12 Monaten führen soll, ist keine zwingende gesetzliche Vorgabe. Der Gerichtsvollzieher kann ggf. auch eine längere Tilgungsfrist einräumen. Der Gläubiger hat dann die Möglichkeit, einer solchen Vereinbarung nach § 802b Abs. 3 ZPO zu widersprechen, umgekehrt kann er sie ausdrücklich verlangen. 
 

Eine Zahlungsvereinbarung mit dem Schuldner bewirkt, dass während dieses Zeitraums dem Schuldner ein Vollstreckungsaufschub gewährt wird. Ist bereits ein Termin zur Abnahme der Vermögensauskunft festgesetzt worden, ist dieser aufzuschieben.

Diese „Schonfrist“ endet, wenn der Gläubiger gem. § 802b Abs. 3 ZPO unverzüglich dem Vollstreckungsaufschub widerspricht oder der Schuldner mit seinen Zahlungsverpflichtungen mehr als zwei Wochen in Verzug gerät.

Bei einer nicht eingehaltenen Zahlungsvereinbarung ist die Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher unverzüglich fortzusetzen.