BDIU kritisiert das geplante Fiskalprivileg der Finanzämter

Der Bundesverband der Deutschen Inkassounternehmen (BDIU) kritisiert das im Sparpaket der Bundesregierung enthaltene Vorgriffsrecht der Finanzverwaltung in Insolvensverfahren. Ein solches Sparpaket auf Kosten der Wirtschaft gefährde zudem die Existenz sanierungsfähiger Pleitefirmen.
 
Der BDIU begrüßt zwar die aktuellen Sparanstrengungen der Bundesregierung. Aber im Insolvenzrecht seien sie teilweise kontraproduktiv, so BDIU-Präsident Wolfgang Spitz. So sollen die Finanzverwaltungen künftig ein Vorgriffsrecht bei Insolvenzen erhalten.
 
Konkret:Wenn ein zahlungsunfähiges Unternehmen noch Rückerstattungsansprüche gegenüber dem Finanzamt hat, sollen diese demnächst mit den Forderungen der Finanzämter verrechnet werden. Anderen Gläubigern soll ein vergleichbares Vorrecht nicht eingeräumt werden. Die Regierung verspricht sich von dieser Maßnahme Mehreinnahmen von über 300 Millionen Euro pro Jahr. "Das ist ein Fiskusprivileg durch die Hintertür", kritisiert Spitz. "Dabei hatten wir eigentlich gedacht, dass die Regierung auf dieses Instrument verzichten wollte.
 
Sanierungsfähigen Unternehmen wird so die finanzielle Grundlage entzogen. Für Selbstständige und kleine Unternehmen bedeutet ein solches Vorrecht in aller Regel das wirtschaftliche Aus, denn mit dem Geld der Steuererstattungen könnten viele noch weiter unternehmerisch tätig sein." Auch die erwarteten Mehreinnahmen für die Staatskasse würden nach Einschätzung des BDIU deutlich niedriger ausfallen.
 
"Das Ganze ist eine Milchmädchenrechnung", kritisiert Spitz. "Die Mitarbeiter der insolventen Firmen werden einfach in die Arbeitslosigkeit entlassen – und hierfür müssen die Sozialversicherungen und der Staat dann doch wieder aufkommen. Außerdem gehen Steuereinnahmen verloren, wenn wirtschaftliche Tätigkeit unterbunden wird. Unterm Strich wird für die Staatskasse dann kaum etwas übrig bleiben, und überlebensfähige Firmen sind vom Markt verschwunden. Das ist keine unternehmerfreundliche Politik und zudem volkswirtschaftlich unvernünftig. Wir würden es daher begrüßen, wenn die Bundesregierung von diesem Vorgriffsrecht doch noch absieht und dem Grundsatz ‚Sanierung vor Zerschlagung’ eine echte Chance gäbe."
 
Verbesserungswürdig sei laut BDIU auch das Zahlungsverhalten der öffentlichen Hand. 83 Prozent der Inkassounternehmen melden, die Rechnungstreue insbesondere der Kommunen sei unverändert schlecht. "Dabei schlummern in vielen städtischen Haushalten ungehobene Schätze in Form niedergeschlagener Forderungen", so Spitz und verweist unter anderem auf Unterhaltsvorschussleistungen, die die Kommunen bei den betreffenden Vätern wieder einfordern. Insgesamt beziffert der BDIU das Volumen offener Forderungen der Kommunen auf über 13 Milliarden Euro. "Die Kommunen sollten ihr eigenes Forderungsmanagement intensivieren – auch in Zusammenarbeit mit Inkassounternehmen – und so ihre Liquidität stärken", fordert Spitz.
 
"Insgesamt sind wir auf einem guten Weg", so Spitz weiter. "Die Wirtschaft wächst, und die starke Binnennachfrage könnte dafür sorgen, dass auch im nächsten Jahr die Zahlungsmoral weiter anzieht. Jetzt brauchen wir eine Politik mit Augenmaß, die diese durchgreifende wirtschaftliche Erholung unterstützt. Vorgriffsrechte für staatliche Gläubiger sind ein Instrument aus der Vergangenheit. Im Interesse der Zukunftsfähigkeit brauchen wir stattdessen Vorfahrt für unternehmerisches Handeln und mehr Sicherheit für Verbraucher, damit diese durch Konsum die Konjunktur weiter ankurbeln können."
 
Quelle: BDIU