Insolvenzrecht: Koalition für Korrekturen bei der Vorsatzanfechtung

Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD sieht Korrekturen bei der Vorsatzanfechtung in Insolvenzverfahren vor. Der Bundesverband Deutscher Inkasso- Unternehmen und mehrere Wirtschaftsvereinigungen hatten bereits mehrfach auf eine entsprechende Schieflage bei der Anwendung des Insolvenzrechtes hingewiesen.
 
Bei Vorsatzanfechtungen kommt es vermehrt vor, dass Firmen Gelder an Insolvenzverwalter zurückgeführt werden müssen., die sie zum Teil vor bis zu zehn Jahren von ihren Kunden erhalten haben. Begründet wird dieses Rückzahlungsverlangen nicht selten damit, dass zwischen dem Gläubigerunternehmen und seinem oft nur vorübergehend zahlungsschwachen Kunden Teilzahlungen oder geänderte Zahlungsziele vereinbart worden sind. Dem Gläubiger wird dann oftmals unterstellt, dass ihm eine drohende Zahlungsunfähigkeit seines Kunden und eine mögliche Benachteiligung anderer Gläubiger bekannt war.

§ 133
Vorsätzliche Benachteiligung

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

Um den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Beteiligten besser zu entsprechen, haben der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V. (BGA) und der BDIU daher die Bundesregierung gemeinsam zum Nachbessern aufgefordert.
 
Beide Verbände wollen Neuformulierungen im Gesetz, die erreichen, dass von Insolvenzanfechtungen zukünftig nur noch diejenigen Fälle betroffen sind, in denen es einem Schuldner nicht auf die Erfüllung seiner vertraglichen  Pflichten, sondern vielmehr auf die Vereitelung der Ansprüche anderer Gläubiger oder die Bevorzugung einzelner Gläubiger ankommt. Dies würde den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Beteiligten entsprechen.

Nach der aktuellen Gesetzesformulierung des § 133 der Insolvenzordnung ist eine Rechtshandlung bis zu zehn Jahre vor dem Eröffnungsantrag des Schuldners anfechtbar, wenn dieser mit dem Vorsatz handelte, seine Gläubiger zu benachteiligen. Voraussetzung dazu ist zwar, dass der Geschäftspartner den Vorsatz des Schuldners kannte, die anderen Gläubiger zu benachteiligen. Aber in der Praxis wird es inzwischen häufig dahingehend ausgelegt, dass bereits Teilzahlungsvereinbarung oder geänderte Zahlungsziele dazu ausreichen, eine solche Kenntnis vorauszusetzen.

Das bedeutet, dass Zahlungen von Kunden für einen Zeitraum von zehn Jahren nicht mehr insolvenzfest sind. Für viele Unternehmen entstehen dadurch Rückforderungs- und Zahlungsrisiken in einer enormen Größenordnung, obwohl durch derartige Rückzahlungsvereinbarungen und die damit verbundene Fortbelieferung gerade erreicht werden soll, dass sich ein krisengefährdetes Unternehmen stabilisiert und seine wirtschaftliche Krise zusammen mit dem Lieferanten meistert.

In ihren Koalitionsverhandlungen verständigten sich nun Union und SPD darauf, das Insolvenzanfechtungsrecht zu überprüfen. 

Im Koalitionsvertrag ist nun unter der Überschrift "Rechtsrahmen" festgehalten:
 
"Zudem werden wir das Insolvenzanfechtungsrecht im Interesse der Planungssicherheit des Geschäftsverkehrs sowie des Vertrauens der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in ausgezahlte Löhne auf den Prüfstand stellen."
 
Damit deutet sich an, dass das federführende Bundesjustizministerium mit einem entsprechenden Prüfauftrag betraut werden wird.