Insolvenzrechtsreform: BDIU lehnt eine kürzere Wohlverhaltensperiode ab.

Der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU)  erneuert seine Kritik an der Verkürzung der Wohlverhaltensperiode.

„Gläubiger müssten auf berechtigte Forderungen verzichten“, so BDIU-Präsident Wolfgang Spitz. „Das gefährdet Arbeitsplätze und die finanzielle Sicherheit von Unternehmen.

Heute hat das Bundeskabinett einen seit längerem geplanten Gesetzentwurf zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens für private Schuldner beschlossen.

In diesem Jahr erwartet der BDIU rund 105.000 Verbraucherinsolvenzverfahren (2011: 103.289). „Würde der Gesetzentwurf zur Halbierung der Wohlverhaltensperiode so in Kraft treten, könnte diese Zahl noch einmal um bis zu 20 Prozent steigen“, befürchtet BDIU-Präsident Spitz. Der Grund: Viele insolvenzreif überschuldete Privatpersonen halten derzeit einen Antrag auf Verbraucherinsolvenz noch zurück in Erwartung der schuldnerfreundlicheren Gesetzgebung. Zudem bedeute die Aussicht auf eine Halbierung der Wohlverhaltensperiode laut BDIU insbesondere für unredliche Verbraucher ein Signal zum Schuldenmachen, da sie sich schneller ihrer Zahlungsverpflichtungen entledigen könnten.

„Aus Sicht der Gläubiger ist jede Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens grundsätzlich abzulehnen“, bekräftigt Spitz, „denn sie wird die ohnehin nicht sonderlich großen Befriedigungschancen der Gläubiger weiter senken. Dies trifft oft Handwerker sowie kleine und mittlere Unternehmen, die auf jeden Euro angewiesen sind, um nicht selbst in eine wirtschaftliche Schieflage zu geraten.“ Spitz kritisiert, dass der Gesetzgeber wirtschaftliche Schwierigkeiten an sich gesunder Unternehmen in Kauf nehme, nur um Verbrauchern eine vorzeitige Entschuldung zu ermöglichen. Das sei unverhältnismäßig.

„Offensichtlich geht das Ministerium von der Prämisse aus, dass ein einmal masseloses Verfahren während der gesamten Verfahrensdauer immer masselos bleibt, also weder im eröffneten Insolvenzverfahren noch in der Wohlverhaltensperiode Gelder seitens des Schuldners fließen“, analysiert Spitz. „Es gibt aber sehr wohl Fälle, in denen Schuldner zum Beispiel durch einen neuen Job wieder Zahlungen an die Gläubiger leisten können, auch wenn sie bei Beginn des Insolvenzverfahrens masselos waren.“

Gleichzeitig kritisiert der BDIU die vom Ministerium vorgeschlagene Mindestbefriedigungsquote von 25 Prozent, mit der ein insolventer Verbraucher in den Genuss einer auf drei Jahre halbierten Wohlverhaltensperiode gelangen soll. Zwar sei es zu begrüßen, dass ehemals Selbstständigen schneller eine „zweite Chance“ ermöglicht werden solle. „Wir befürchten aber erhebliche Mitnahmeeffekte zum Schaden der Gläubiger“, so Spitz. Die Gläubigervertreter befürchten, dass auch viele Nichtselbstständige, bei denen derzeit pfändbare Masse für die gesamte Verfahrenszeit generiert wird, diese Möglichkeit nutzen würden.

Die gleichfalls vorgeschlagene Verkürzung der Wohlverhaltensperiode auf fünf Jahre, wenn die betroffenen Schuldner zumindest die Verfahrenskosten begleichen können, lehnt der BDIU ebenfalls ab. „Das erweckt den Eindruck, als ginge es dem Gesetzgeber nicht um die Befriedigung der Gläubiger oder darum, eine höhere Befriedigungsquote zu erzielen, sondern in erster Linie darum, die oftmals gestundeten Kosten des Verfahrens zu decken“, so Spitz. Der BDIU hält derartige Bestimmungen für völlig inakzeptabel, da sie die Insolvenzordnung zu einem reinen Selbstzweck degradieren würden.

„Dabei geht der Gesetzentwurf in vielen Bereichen in die richtige Richtung“, so Spitz, „insbesondere dort, wo Neuregelungen dazu geeignet sind, das Insolvenzverfahren unter Wahrung der Interessen der Gläubiger insgesamt effizienter zu machen.“ Spitz nennt beispielhaft die Regelungen zur Erwerbsobliegenheit, die einen Schuldner künftig bereits bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens dazu verpflichten sollen, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben, um somit zur bestmöglichen Tilgung seiner Zahlungsverpflichtungen beizutragen.

Quelle: BDIU Pressemitteilung