ADF-Inkasso-Newsticker 02/2008

 


Beweislastregelung bei verlustreicher Vermögensverwaltung

Der Bundesgerichtshof versagte einem Bankkunden Beweiserleichterungen bei einer verlustreichen Vermögensverwaltung durch seine Hausbank. Wer seiner Bank sein Vermögen (hier ca. 600.000 Euro) zur Verwaltung in der Weise anvertraut, dass das Kreditinstitut das Geld nach eigenem Ermessen in Aktien, fest verzinslichen Wertpapieren und Investmentfonds anlegen darf, kann bei erheblichen Verlusten nicht ohne weiteres Schadensersatzansprüche erheben. Der Bankkunde muss vielmehr eine objektive Pflichtverletzung des Geldinstituts darlegen und gegebenenfalls beweisen. Dabei kann er nicht auf Unterstützung der beklagten Bank hoffen. Diese ist in derartigen Fällen nicht verpflichtet, interne Entscheidungsabläufe offen zu legen oder zu begründen, warum sie im Rahmen der vereinbarten Anlagerichtlinien bestimmte Anlageentscheidungen getroffen hat.

BGH, AZ: XI ZR 423/06


Ende der Beitragspflicht von Vereinsmitgliedern bei Insolvenz

Die Beitragspflicht von Vereinsmitgliedern endet, sofern die Satzung nichts Abweichendes bestimmt, mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vereinsvermögen, weil der Verein seinen Vereinszweck rechtlich nicht mehr dauerhaft zu verwirklichen vermag und die Mitglieder darum nicht mehr an den Vorteilen der Vereinstätigkeit teilhaben. Dies gilt auch bei einem Verein mit wirtschaftlicher Zielsetzung.

BGH, AZ: II ZR 190/06


Falschangaben bei Privatinsolvenz

Auch vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder un&e Angaben über die wirtschaftlichen Verhältnisse im Rahmen eines Privatinsolvenzverfahrens rechtfertigen nicht in jedem Fall die Versagung der Restschuldbefreiung. Voraussetzung ist zusätzlich ein auf Unredlichkeit ausgerichtetes, auf eine Schädigung Dritter abzielendes Handeln des Schuldners. Hat der Schuldner ein in seinem Eigentum stehendes Hausgrundstück verschwiegen, weil die Immobilie bereits vor zwei Jahren sowohl der Zwangsversteigerung als auch der Zwangsverwaltung unterstellt wurde und er deshalb davon ausgegangen ist, das Grundstück sei für ihn nicht mehr „verfügbar“, muss dieses Vorbringen bei der Entscheidung über die Restschuldbefreiung berücksichtigt werden.

BGH, AZ: IX ZB 189/06


Haftung der Eltern für Darlehensverpflichtungen bei Schuldbeitritt

Eltern, die für ihre Kinder einen Kreditvertrag mitunterschreiben, müssen damit rechnen, von der Bank in Anspruch genommen zu werden, wenn die Kinder ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen. Ein solcher Schuldbeitritt ist nur in besonderen Ausnahmefällen, wie z. B. einer für die Bank erkennbaren krassen finanziellen Überforderung der Eltern sittenwidrig. Auch können sich diese gegenüber dem Kreditgeber nicht darauf berufen, von ihrem Kind über die Bedingungen des Darlehensvertrags getäuscht worden zu sein und die Unterschrift somit "erschlichen" worden sei, wenn ausreichend Gelegenheit bestand, den vollen Vertragstext einzusehen und zu prüfen.

LG Coburg, AZ: 22 O 833/06
 


Keine Schufa-Meldung bei bestrittener Forderung

Auch bei einer generellen Einwilligung beispielsweise im Rahmen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Finanzierungsvertrages ist eine Weitergabe von Kundendaten an die Schufa nicht ohne die vom Bundesdatenschutzgesetz vorgeschriebene Interessenabwägung zulässig.

Dementsprechend entschied das Amtsgericht Plön, dass eine Schufa-Meldung durch ein Telekommunikationsunternehmen nur bei vertragswidrigem Verhalten des Kunden und nur nach Abwägung der betroffenen Interessen erfolgen darf. Ist die Vertragskündigung des Kunden nicht offensichtlich ungerechtfertigt und werden die aus dem Vertragsverhältnis resultierenden Forderungen bestritten, muss der Anbieter zunächst eine gerichtliche Klärung herbeiführen, bevor er die vermeintliche Forderung an die Schufa meldet.

AG Plön, AZ: 2 C 650/07


Kein Zugriff der Eltern auf Konto des Kindes

Legt ein Elternteil - als gesetzlicher Vertreter für beide Eltern handelnd - ohne jegliche Verfügungsbeschränkung einen Geldbetrag in Form einer Festgeldanlage auf den Namen seines minderjährigen Kindes an, so steht dem Kind als nomineller Inhaber des Kontos die Forderung im Regelfall auch materiell-rechtlich zu. Dies bedeutet, dass der Elternteil einen ohne Wissen des Kindes wieder abgehobenen Betrag auf Verlangen des Kindes wieder einzahlen muss. Er kann sich nicht darauf berufen, Zweck der Festgeldanlage sei alleine gewesen, alle Steuerfreibeträge für die anfallenden Zinsen auszuschöpfen, und ein tatsächlicher Schenkungswille habe nie bestanden.

OLG Saarbrücken, AZ: 4 U 8/07-2


Nachhaftung eines ausgeschiedenen OHG-Gesellschafters

Der Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) haftet gem. § 160 Abs. 1 für die bis zu seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft begründeten Verbindlichkeiten, soweit sie vor Ablauf von fünf Jahren nach dem Ausscheiden fällig sind.

Wird das Ausscheiden des Gesellschafters einer OHG nicht in das Handelsregister eingetragen, beginnt - wie im BGB-Gesellschaftsrecht - der Lauf der fünfjährigen Enthaftungsfrist mit der positiven Kenntnis des Gesellschaftsgläubigers vom Ausscheiden des Gesellschafters. Die Eintragung des Ausscheidens im Handelsregister ist in diesem Fall für den Fristbeginn keine zwingende Voraussetzung.

Quelle: BGH, AZ: II ZR 284/05


Schuldnerverzug

Nach dem Gesetz kommt der Schuldner einer Geldforderung automatisch 30 Tage nach Erhalt der Rechnung in Zahlungsverzug. Soweit die Rechnung an einen Verbraucher gerichtet ist, muss dieser auf diese Rechtsfolge ausdrücklich hingewiesen werden. Ab Verzugseintritt ist der Schuldner verpflichtet, dem Gläubiger Verzugszinsen zu zahlen und die Kosten für einen danach eingeschalteten Rechtsanwalt zu erstatten.

Die 30-Tage-Frist kann durch eine gesonderte Mahnung des Gläubigers verkürzt werden. Eine Mahnung wird jedoch nicht dadurch ersetzt, dass in der Rechnung ein Datum als Zahlungsziel aufgenommen wird. Es bedarf daher auch in diesem Fall noch eines gesonderten Mahnschreibens.

BGH, AZ: III ZR 91/07


Schwarzarbeit: Unternehmer haftet 30 Jahre für Sozialversicherungsbeiträge

Arbeitgeber, die Schwarzarbeiter beschäftigen, müssen 30 Jahre lang für geschuldete Sozialversicherungsbeiträge einstehen. Dies entschied das Sozialgericht Dortmund im Falle einer Spedition aus Bochum, die von der Deutschen Rentenversicherung Westfalen auf Zahlung von 24495,- Euro an Sozialversicherungsbeiträgen für die Jahre 1995 bis 1998 zuzüglich 15820,- Euro an Säumniszuschlägen in Anspruch genommen wurde. Im Rahmen eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens war aufgefallen, dass die Stundenaufzeichnungen auf den Aushilfslohnquittungen der pauschal besteuerten Aushilfskräfte nicht mit den verfahrenen Stunden auf den Tachoscheiben übereinstimmten.

Die Spedition machte mit ihrer Klage gegen die Beitragsnachforderung der DRV Westfalen ohne Erfolg die Verjährung der Forderung geltend. Das Sozialgericht Dortmund wies die Klage ab. Die Beklagte könne Sozialversicherungsbeiträge aus der geschätzten Summe der Arbeitsentgelte verlangen, weil die Spedition ihre Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt habe und dadurch die Versicherungs- und Beitragspflicht (bzw. -freiheit wegen Geringfügigkeit) und die konkrete Beitragshöhe der einzelnen Fahrer nicht mehr festgestellt werden könne.

Ungeachtet eines Geständnisses des Geschäftsführers der Spedition gegenüber der Steuerverwaltung lässt nach Auffassung des Sozialgerichts bereits der Umstand von Schwarzarbeit den Schluss zu, dass es auch Ziel des Arbeitgebers gewesen sei, sozialversicherungsrechtliche Pflichten zu umgehen. Vorsätzlich vorenthaltene Sozialversicherungsbeiträge verjährten erst nach 30 Jahren.

Sozialgericht Dortmund, AZ: S 34 R 50/06


Verbraucherkreditgesetz auch bei Mithaftung für Unternehmenskredit anwendbar

Zur Sicherung eines Unternehmenskredits übernahmen die beiden Gesellschafter mit ihren Ehefrauen die Mithaftung für die Rückzahlung des Darlehens als Gesamtschuldner. Als der Betrieb die Kreditraten nicht mehr zurückzahlen konnte, nahm die Bank die Gesellschafter und deren Ehefrauen auf Zahlung in Anspruch. Diese beriefen sich auf die Anwendbarkeit der Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes. Die Bank meinte, ein Unternehmenskredit könne nicht den Verbraucherschutzvorschriften unterliegen.

Der Bundesgerichtshof gab schließlich den mithaftenden Privatpersonen Recht. Das Verbraucherkreditgesetz, das nunmehr im BGB geregelt ist, findet auf die Mithaftungsübernahme des geschäftsführenden Gesellschafters einer GmbH & Co. KG auch dann entsprechende Anwendung, wenn die neu gegründete Gesellschaft das Darlehen zur Anschubfinanzierung aufgenommen hat. Damit unterlag der Schuldbeitritt der Gesellschafter und ihrer Ehefrauen den besonders strengen Formvorschriften des Verbraucherkreditgesetzes. Da diese nicht eingehalten waren, erklärte das Gericht die Verträge über die Mithaftung für nichtig.

Quelle: BGH, AZ: XI ZR 208/06


Verjährung bei einer Kreditbürgschaft

Eine Bank gewährte einer GmbH im Jahr 1999 ein Existenzgründungsdarlehen, das durch eine Bürgschaft abgesichert wurde. Nachdem über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, kündigte das Kreditinstitut im August 2001 das Darlehen und stellte es zur Rückzahlung fällig. Erst rund fünf Jahre später, im Juni 2006, nahm die Bank den Bürgen auf Zahlung in Anspruch. Dieser erhob die Einrede der Verjährung.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe ging ebenfalls von einer Verjährung des Anspruchs aus. Grundsätzlich ist für den Beginn der Regelverjährung nach §§ 195, 199 Abs.1 Nr.1 BGB (früher: § 198 BGB) auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der Anspruch entstanden ist. Das ist dann der Fall, wenn der Anspruch im Wege der Klage geltend gemacht werden kann. Durch die Zahlungsaufforderung gegenüber dem Bürgen wurde die Verjährungsfrist nicht neu in Gang gesetzt. Da der Anspruch auf Darlehensrückzahlung bereits verjährt war, konnte auch der Bürge nicht mehr zur Zahlung herangezogen werden.

Quelle: OLG Karlsruhe, AZ: 17 U 89/07


Verjährungsneubeginn bei Zahlung auf mitgeteilten Schuldsaldo

Nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt die Verjährungsfrist für einen Zahlungsanspruch neu zu laufen, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch eine Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt.

Einen solchen Fall nimmt der Bundesgerichtshof auch dann an, wenn der Schuldner der Aufforderung seines Gläubigers, auf einen mitgeteilten Saldo der ausstehenden Verbindlichkeiten Zahlungen zu erbringen, dadurch nachkommt, dass er, ohne den Saldo infrage zu stellen oder dessen Aufschlüsselung nach den zugrunde liegenden Einzelforderungen zu verlangen, Abschlagszahlungen ohne Tilgungsbestimmung leistet.

Quelle: BGH, AZ: VIII ZR 347/06


Widerruf älterer Lastschriften durch Insolvenzverwalter

Führt ein Insolvenzverwalter das Konto des Schuldners nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ein Jahr lang für eingehende Gutschriften weiter, ohne die von diesem Konto im Einzugsermächtigungsverfahren abgebuchten Lastschriften zu widerrufen, gelten diese als endgültig genehmigt. Der Insolvenzverwalter kann daher die zwei Monate vor Insolvenzeröffnung vom Schuldnerkonto eingezogenen Beträge vom Gläubiger nicht ersetzt verlangen.

Ein sachgerecht arbeitender Verwalter muss - so der Bundesgerichtshof - in der Lage sein, unverzüglich über einen Widerruf von Lastschriften zu entscheiden. Daher kann eine diesbezügliche Untätigkeit des Insolvenzverwalters sowohl vom Gläubiger als auch von der Schuldnerbank nur als Genehmigung der Lastschriften verstanden werden.

BGH, AZ: IX ZR 217/06