ADF-Inkasso-Newsticker 02/2009


Befristeter Ehegattenunterhalt auch bei Erkrankung des Unterhaltsberechtigten

Nach dem neuen Unterhaltsrecht besteht ein Anspruch auf Unterhaltszahlungen nur für eine begrenzte Zeit, wenn die Ehe bereits nach wenigen Jahren geschieden wird. Eine Befristung kann somit im Regelfall nur bei langer Ehedauer entfallen, also bei einer Dauer von 20 Jahren und mehr. Dies gilt - so das Oberlandesgericht Koblenz - auch dann, wenn die unterhaltsberechtigte Ehefrau bei einer Ehedauer von sechs Jahren einer kinderlos gebliebenen Ehe krankheitsbedingt arbeitsunfähig wird.

Quelle: OLG Koblenz, AZ: 9 UF 238/08


Beschluss über Nachschusspflicht in einer Personengesellschaft

a) Der Beschluss, der den Gesellschaftern einer Personengesellschaft Nachschusspflichten auferlegt, ist den Gesellschaftern gegenüber unwirksam (§ 707 BGB), die dieser Vermehrung ihrer Beitragspflichten nicht - auch nicht antizipiert (vgl. z.B. Sen. Urt. v. 21. Mai 2007 - II ZR 96/06, ZIP 2007, 1458 Tz. 13 ff.; v. 5. März 2007 - II ZR 282/05, ZIP 2007, 766 Tz. 13, 16 f.) - zugestimmt haben. Diese Unwirksamkeit kann der Gesellschafter auch dann als Einwendung gegenüber der auf einen solchen Beschluss gestützten Zahlungsklage der Gesellschaft geltend machen, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag Beschlussmängelstreitigkeiten binnen einer bestimmten Frist eingeleitet werden müssen und diese Frist abgelaufen ist (Bestätigung Sen. Beschl. v. 26. März 2007 - II ZR 22/06, ZIP 2007, 1368 Tz. 10).

b) Der ehemalige Gesellschafter haftet für in der Zeit seiner Gesellschaftszugehörigkeit entstandene Sozialverbindlichkeiten als Gesamtschuldner neben dem Erwerber des Gesellschaftsanteils dann nicht, wenn die Gesellschafter bereits im Gesellschaftsvertrag ihre Zustimmung nicht nur zur Übertragung des Gesellschaftsanteils, sondern auch zum schuldbefreienden Übergang der Sozialverbindlichkeiten auf den Erwerber erklärt haben.

Quelle: BGH, AZ: II ZR 231/07


Finanzierung einer ersichtlich überteuerten Eigentumswohnung

Grundsätzlich ist die kreditgebende Bank nur dann verpflichtet, den Kreditnehmer bei der Kreditvergabe über die sittenwidrige Überteuerung der zu finanzierenden Eigentumswohnung aufzuklären, wenn sie positive Kenntnis davon hat, dass der Kaufpreis knapp doppelt so hoch ist wie der Verkehrswert der Wohnung. Dem positiven Wissen von der Überteuerung des zu finanzierenden Objekts steht ausnahmsweise die bloße Erkennbarkeit dann gleich, wenn sich die sittenwidrige Überteuerung einem zuständigen Bankmitarbeiter geradezu aufdrängen musste; er ist dann nach Treu und Glauben nicht berechtigt, seine Augen davor zu verschließen.

Nach diesen Grundsätzen wies der Bundesgerichtshof die Klage der Bank auf Rückzahlung des Restdarlehens für eine Eigentumswohnung ab, die für den Bankmitarbeiter zumindest erkennbar um mindestens hundert Prozent überteuert war.

Quelle: BGH, AZ: XI ZR 221/07


Gläubigerbenachteiligung bei vorangegangener Sicherungsübereignung

Übereignet der Schuldner Bestandteile seines Geschäftsbetriebs zur Sicherheit an einen Darlehensgeber und veräußert er danach den gesamten Geschäftsbetrieb unter Eigentumsvorbehalt an einen Erwerber mit der Weisung, den Kaufpreis direkt an den Darlehensgeber zu zahlen, werden die Gläubiger benachteiligt, wenn die Höhe der Zahlung den Wert des dem Darlehensgeber insolvenzfest übereigneten Sicherungsguts übersteigt.

Tritt der Schuldner im Rahmen einer Sicherungsübereignung die aus einem Verkauf des Sicherungsguts entstehenden Forderungen an seinen Darlehensgeber ab und veräußert er sodann seinen gesamten Geschäftsbetrieb einschließlich des Sicherungsguts für einen Einheitspreis an einen Dritten, geht die eine solche Forderung nicht erfassende Vorausabtretung mangels Individualisierbarkeit der auf das Sicherungsgut entfallenden Forderungsteile ins Leere.

Quelle: BGH, IX ZR 39/08


InsO: grob fahrlässig un&e Auskunft des Schuldners

Die Erteilung einer un&en Auskunft durch den Schuldner kann als grob fahrlässig zu bewerten sein, wenn bei allgemeiner Fragestellung wesentliche Vermögensveränderungen mitzuteilen sind oder wenn das Auskunftsverlangen durch eine gezielte Fragestellung in einer Weise konkretisiert ist, die bei dem Schuldner keine Unklarheit über die von ihm zu machenden Angaben aufkommen lassen kann.

Quelle: BGH: IX ZB 212/08


Keine Geschäftsführerhaftung bei Zahlungen nach Insolvenzreife

Ein Insolvenzverwalter einer GmbH nahm den ehemaligen Geschäftsführer auf Erstattung von Zahlungen in Anspruch, die dieser vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, aber nach Eintritt der Insolvenzreife veranlasst hatte. Die Gesellschaft war Teil eines Konzerns. Nachdem der Konzern in eine wirtschaftliche Schieflage geraten war, ließen die anderen Konzerngesellschaften an sie gerichtete Zahlungen in Höhe von mehr als 500.000 Euro auf das Geschäftskonto der GmbH überweisen, um eine Vereinnahmung der Gelder durch ihre Hausbanken zu verhindern. Von diesem Geschäftskonto ließ der beklagte Geschäftsführer insgesamt 329.980 Euro an Gläubiger der anderen Gesellschaften auszahlen. Am selben Tag beantragte er für diese Gesellschaften, deren Geschäftsführer er ebenfalls war, die Eröffnung der Insolvenzverfahren. Kurz darauf stellte er auch für die GmbH einen Insolvenzantrag.

Der Bundesgerichtshof wies die Klage gegen den ehemaligen Geschäftsführer ab. Zentrales Problem des Falles war die Frage, ob die Pflicht des Geschäftsführers zur Massesicherung nach § 64 Abs. 2 GmbHG auch dann eingreift, wenn er nach Insolvenzreife der eigenen Gesellschaft Gelder auszahlt, die der Gesellschaft lediglich treuhänderisch von anderen Konzerngesellschaften überlassen wurden. Der Senat nahm an, dass grundsätzlich auch diese Gelder unter den Schutz des § 64 Abs. 2 GmbHG fallen, weil sie in der Insolvenz nicht von den anderen Gesellschaften herausverlangt werden können, sondern endgültig in die Insolvenzmasse fallen und damit zur gleichmäßigen Befriedigung aller Gesellschaftsgläubiger zu verwenden sind.

Die Bundesrichter verneinten aber trotzdem eine persönliche Haftung des Ex-Geschäftsführers, weil dieser in der konkreten Situation mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes gehandelt hatte. Dafür war ausschlaggebend, dass den Geschäftsführer mit den anderen Konzerngesellschaften ein besonderes Treueverhältnis verband, indem er die allein diesen Gesellschaften zustehenden Gelder zu dem Zweck entgegengenommen hatte, damit deren Schulden zu begleichen. Er war einerseits gehalten, die Gelder für die Insolvenzmasse der GmbH zu sichern, andererseits musste er aufgrund des Treueverhältnisses zu den anderen Gesellschaften die Zahlungen an deren Gläubiger leisten. Ein Geschäftsführer handelt nicht sorgfaltswidrig, wenn er in einer derartigen Pflichtenkollision die Gelder auszahlt.

Quelle: BGH, AZ: II ZR 38/07


Keine Heilung einer sittenwidrigen Angehörigenbürgschaft

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Bürgschaftsverträge zwischen Kreditinstituten und bürgenden oder mithaftenden Angehörigen des Kreditnehmers in der Regel unwirksam, wenn die Angehörigen hinsichtlich der Höhe der Haftung wirtschaftlich erkennbar überfordert sind.

Die danach unwirksame Bürgschaftsvereinbarung wird auch nicht dadurch wieder wirksam, dass die Bank einseitig nachträglich auf den Teil ihrer Forderungen verzichtet, die zur finanziellen Überforderung des Bürgen geführt haben, um so rückwirkend die im Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse für den Bürgen bestehende Zwangslage zu beseitigen. Für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit eines Bürgschaftsvertrags ist - so das Oberlandesgericht Saarbrücken - alleine auf die Verhältnisse im Zeitpunkt seines Abschlusses abzustellen.

Quelle: OLG Saarbrücken, AZ: 8 U 502/07-141


Pflicht des Zwangsverwalters zur Anlage der Mietsicherheit

Den Zwangsverwalter einer Mietwohnung trifft auch die Pflicht des Vermieters zur Anlage einer vom Mieter als Sicherheit geleisteten Geldsumme bei einem Kreditinstitut; dies gilt auch dann, wenn der Vermieter die Kaution nicht an den Zwangsverwalter ausgefolgt hat (im Anschluss an BGH, Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 330/03, NZM 2005, 596).

Quelle: BGH, AZ: VIII ZR 184/08


Privatinsolvenz: Restschuldbefreiung trotz Steuerhinterziehung

Nach den Vorschriften der Insolvenzordnung (InsO) soll nur der "redliche" Schuldner in den Genuss einer Restschuldbefreiung kommen. Unter welchen Voraussetzungen von der "Unredlichkeit" des Schuldners auszugehen ist, regeln §§ 290 und 302 InsO in einem abschließenden Katalog. Da darin weder Steuerschulden noch die Verurteilung des Schuldners aufgeführt sind, geht der Bundesfinanzhof folgerichtig davon aus, dass auch eine rechtskräftige Verurteilung wegen Steuerhinterziehung der Restschuldbefreiung nicht entgegensteht. Dies wurde damit begründet, dass die Steuerschuld nicht auf der begangenen Steuerstraftat, sondern auf der Verwirklichung des ursprünglichen steuerlichen Tatbestandes beruht.

Quelle: BFH, AZ: VII R 6/07


Rundschreiben einer Bank an Kundengläubiger

Eine Bank übersandte mit dem Einverständnis ihres Kunden, der nicht mehr in der Lage war, den ihm gewährten Kredit zurückzuzahlen, an verschiedene Gläubiger ein Schreiben mit folgendem Inhalt: "Herr X. hat bei uns die Umschuldung der Verbindlichkeiten der X. GmbH beantragt. Wir haben den Antrag geprüft und festgestellt, dass eine Finanzierung der gesamten Verbindlichkeiten (trotz Absicherung aus privaten Mitteln) nicht darstellbar ist. Eine Finanzierung von 35 % der uns bisher bekannten Verbindlichkeiten der X. GmbH ist darstellbar. Wir bitten Sie, uns bis zum 15.1.2008 mitzuteilen, ob Sie einem Vergleich in dieser Größenordnung zustimmen ... Aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse muss Herr X. für die X. GmbH bei einem Nichtzustandekommen des Vergleichs einen Insolvenzantrag stellen."

Die örtlich zuständige Rechtsanwaltskammer sah darin eine unzulässige Rechtsberatung und verklagte die Bank auf Unterlassung. Das Oberlandesgericht verneinte hingegen einen Verstoß gegen das seit 1. Juli 2008 geltende Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG). § 2 Abs. 1 RDG erfasst nur juristische Tätigkeiten, nicht aber Tätigkeiten auf wirtschaftlichem oder sonstigem Gebiet. Für die Abgrenzung dieser Bereiche kommt es nicht auf formale Kriterien an, sondern allein darauf, auf welchem Gebiet der Kern- bzw. Schwerpunkt der beanstandeten Handlung liegt. Die Bank besorgte im entschiedenen Fall durch das Anschreiben an die anderen Gläubiger keine verbotene Rechtsangelegenheit, da der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit hier eindeutig auf wirtschaftlichem Gebiet lag.

Quelle: OLG Karlsruhe, AZ: 6 U 51/08


Schadensberechnung bei Erwerb einer mangelhaften Eigentumswohnung

a) Der Erwerber einer mangelhaften Eigentumswohnung kann Schadensersatz wegen Nichterfüllung in der Weise geltend machen, dass er die Eigentumswohnung zurückgibt und Ausgleich dafür verlangt, dass nach Rückgabe der Wohnung seinen Aufwendungen kein entsprechender Gegenwert gegenübersteht.

b) Zu den Aufwendungen, die der Erwerber einer Eigentumswohnung bei dieser Schadensberechnung geltend machen kann, gehören grundsätzlich auch die Kosten für die Finanzierung des Erwerbs der Wohnung.

c) Bei der Schadensberechnung sind im Falle der Vermietung die vom Erwerber erzielten Mieteinnahmen abzuziehen.

Quelle: BGH, AZ: VII ZR 26/06


Schadensersatz bei falscher Bonitätsauskunft

Erteilt ein Kreditinstitut über ein Unternehmen, das ein Girokonto bei ihm führt, schuldhaft eine falsche Bonitätsauskunft, so kommt ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Nebenpflicht aus dem Giroverhältnis in Betracht.

Auf Verlangen des Kunden hat die Bank mitzuteilen, an wen sie und ihre falsch informierten Vertragspartner die un-zutreffende Bonitätsauskunft weitergeleitet haben, wenn der Kunde nur so in der Lage ist, seine Schadensersatzansprüche zu beziffern.

Quelle: OLG Karlsruhe, AZ: 17 U 222/07


Ungünstige Steuerklasse im Privatinsolvenzverfahren

Weigert sich ein Schuldner im Rahmen des Privatinsolvenzverfahrens, die zum Nachteil für die Insolvenzgläubiger und die Staatskasse gewählte ungünstige Steuerklasse V zu ändern, stellt dies eine Verletzung seiner Mitwirkungspflichten im Verfahren dar. Das Gericht ist dann berechtigt, dem Schuldner die Verfahrenskostenstundung zu entziehen.

Quelle: BGH, AZ: IX ZB 65/07


Verjährung: unzureichende Anspruchsbezeichnung in Mahnbescheid

Der Verjährungseintritt eines Zahlungsanspruchs kann u.a. durch die rechtzeitige Erwirkung eines Mahnbescheids verhindert werden. Die korrekte Bezeichnung des Anspruchs wird vom Mahngericht zwar nicht geprüft, sie kann jedoch auf die Verjährungshemmung durchaus nachteilige Auswirkungen haben. Nimmt der Gläubiger in einem Mahnantrag auf Rechnungen Bezug, die dem Mahngegner weder zugegangen noch dem Mahnbescheid als Anlage beigefügt sind, so sind die angemahnten Ansprüche nicht hinreichend bezeichnet, soweit sich ihre Individualisierung nicht aus anderen Umständen ergibt.

Quelle: BGH, AZ: IX ZR 160/07