ADF-Inkasso-Newsticker 04/2009


Aufsichtsrat muss auf zu stellenden Insolvenzantrag hinwirken

Stellt der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft fest, dass die Gesellschaft insolvenzreif ist, hat er darauf hinzuwirken, dass der Vorstand rechtzeitig einen Insolvenzantrag stellt und keine Zahlungen leistet, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nicht vereinbar sind. Verstößt er hiergegen schuldhaft, kann er der Gesellschaft und damit auch den Gläubigern gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet sein.

Quelle: BGH, AZ: II ZR 280/07


Bürge darf sich stets auf Verjährung berufen

Auch wenn ein Bürge, der gleichzeitig Geschäftsführer der Hauptschuldnerin ist, gegen seine Pflicht zur Insolvenzantrag-stellung verstoßen hat, ist es ihm nicht verwehrt, sich gegenüber dem Gläubiger auf die Verjährung der Hauptforderung zu berufen. Der Umstand, dass dem Gläubiger nicht die Möglichkeit einer verjährungshemmenden Anmeldung seiner Forderungen in einem vom Bürgen beantragten Insolvenzverfahren eröffnet wurde, kann nicht dem Bürgen angelastet werden. Wenn dieser das zu seinem Vorteil ausnutzt, kann ihm nicht der Vorwurf des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens gemacht werden.

Quelle: OLG Nürnberg, AZ.: 14 U 1226/08


Geschiedenenunterhalt: Anrechnung nicht entnommener Unternehmergewinne

Im Rahmen eines Scheidungsverfahrens machte die Ehefrau eines Unternehmers u.a. Unterhaltsansprüche geltend. Sie warf ihrem Ehemann, der zu 80 Prozent Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH war, vor, er verlange gegenüber der GmbH seine Gewinnansprüche bewusst nicht in voller Höhe, um so seine Unterhaltsverpflichtungen möglichst gering zu halten. Der Mann führte unternehmerische Gründe für die Nichtauszahlung an. Das Oberlandesgericht Hamm stellte zu derartigen Fällen der Anrechnung nicht entnommener Unternehmergewinne folgende Regeln auf:

"Eine fiktive Zurechnung von nicht ausgeschütteten Gewinnen aus dem Betrieb eines Unternehmens zulasten des unterhaltspflichtigen geschäftsführenden Mehrheitsgesellschafters setzt voraus, dass dieser seine unterhaltsrechtliche Obliegenheit, zumutbare Gewinne aus dem Unternehmen zu realisieren, in vorwerfbarer Weise verletzt hat. Vorwerfbar ist das Unterlassen einer Gewinnausschüttung an die Gesellschafter nur dann, wenn der geschäftsführende Mehrheits-gesellschafter die Grenzen seiner unternehmerischen Freiheit in einer Art und Weise überschreitet, die dem Unterhaltsgläubiger, unter Berücksichtigung der Belange der übrigen Mitgesellschafter und der Interessen der Unterhaltsberechtigten auf dauerhafte Sicherstellung ihres Unterhalts, nicht zumutbar ist. Bei der Zumutbarkeitsabwägung sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen."

Quelle: OLG Hamm, AZ: 2 UF 43/08


Keine Umgehung der Lohnpfändung bei verschleiertem Einkommen

Droht einem Arbeitnehmer eine Lohnpfändung durch einen Gläubiger, wird insbesondere bei Arbeitsverhältnissen unter Angehörigen nicht selten eine Vergütung vereinbart, die höchstens die Pfändungsfreigrenze erreicht. Eine derartige Verschleierung des wirklichen Einkommens gelingt jedoch nicht immer. Denn die Regelung des § 850h Abs. 2 Satz 2 ZPO besagt, dass der Pfändung eine angemessene Vergütung zugrunde zu legen ist, wenn ein Arbeitnehmer (angeblich) nur eine unverhältnismäßige Vergütung bezieht.

Das Bundesarbeitsgericht hält eine Bezahlung im Grundsatz dann nicht für unverhältnismäßig gering, wenn sie mehr als 75 Prozent der üblichen Vergütung beträgt. Allerdings können besondere Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Art der Arbeits- und Dienstleistung, die verwandtschaftlichen oder sonstigen Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmers durchaus auch eine Abweichung von weniger als 25 Prozent als unverhältnismäßig erscheinen lassen.

Quelle: BAG, AZ.: 10 AZR 703/07


Mieterkündigung wegen falscher Selbstauskunft

Mieter müssen in einer Selbstauskunft zu ihrem Einkommen richtige Angaben machen. Wer in diesem Punkt beim Ausfüllen lügt, riskiert eine fristlose Kündigung.

Das geht aus einem Urteil des Landgerichts München I hervor. Über seine Zahlungsfähigkeit müsse ein Mieter in jedem Fall richtige Angaben machen, denn ein Vermieter sei berechtigt, nach den Einkommensverhältnissen zu fragen.

In dem konkreten Fall nannte ein Mieter sein Brutto- statt des Nettogehalts und gab sich als fest angestellter Mitarbeiter eines angesehenen Forschungsinstituts aus, erläutern die Anwälte. Er sei aber nur freiberuflich für die Institution tätig gewesen und befand sich noch in der Ausbildung. Der Vermieter durfte daher das Mietverhältnis wegen arglistiger Täuschung fristlos kündigen. Dass der Mann in den zwei Jahren zuvor seine Miete immer pünktlich gezahlt hatte, spielte keine Rolle mehr.

OLG München, AZ: 14 S 18532/08


Nachbesserung einer eidesstattlichen Vermögensversicherung

Ein Schuldner hat bei der Abgabe der eidesstattlichen Vermögensversicherung alle Vermögenswerte anzugeben, aus denen sich Verwertungsmöglichkeiten für den Gläubiger ergeben können. Sind die gemachten Angaben unrichtig oder ungenau, kann der Gläubiger Nachbesserung verlangen.

Gibt eine Schuldnerin an, dass sie über kein eigenes Konto verfügt und ihre Einkünfte (hier Kindergeld und Unterhalt) auf das Konto ihres Sohnes gehen, hat sie das Vermögensverzeichnis auf Verlangen des Gläubigers dahingehend zu ergänzen, dass sie das Konto ihres Sohnes, die Anschrift des Sohnes sowie den Vertretungsberechtigten mitteilen muss. Das Gericht darf den Antrag nur dann zurückweisen, wenn die Pfändbarkeit völlig ausgeschlossen und das Nachbesserungsverlangen damit als mutwillig oder schikanös anzusehen ist.

Quelle: BGH, AZ: I ZB 20/06


Nicht geklärte Stammeinlage eines ausgeschiedenen GmbH-Gesellschafters

Wird ein Gesellschafter aus einer GmbH ausgeschlossen und hat er seine Stammeinlage noch nicht (&) erbracht, haften die verbleibenden Gesellschafter entsprechend ihrer Anteile für die Erbringung der ausstehenden Stammeinlage (§ 24 GmbHG). Ist unklar, ob und in welcher Höhe der Ausgeschiedene seine Stammeinlage erbracht hat, stellt sich die Frage, wer hierfür die Beweislast trägt.

Die Beweislast für die Erfüllung der Stammeinlagenverpflichtung liegt zunächst grundsätzlich beim Gesellschafter. Geht es aber um die Aufbringung von Fehlbeträgen eines ausgeschiedenen Gesellschafters, ist derjenige, der einen entsprechenden Anspruch geltend macht, verpflichtet, den Nachweis der Nichterbringung der Stammeinlage zu führen. Dies war in dem vom Oberlandesgericht Köln entschiedenen Fall der Insolvenzverwalter der zahlungsunfähigen GmbH, der von dem allein verbliebenen Gesellschafter die Nachzahlung der angeblich vom früheren Mitgesellschafter nicht erbrachten Anteile verlangte. Da wegen der jahrzehntelang zurückliegenden Vorgänge die Zahlungen nicht mehr geklärt werden konnten, wies das Gericht die Klage des Insolvenzverwalters ab.

Quelle: OLG Köln, AZ: 18 U 19/08


Pflicht zur Offenlegung des Jahresabschlusses gilt auch für kleine AG

Das Landgericht Bonn hat entschieden, dass die Pflicht zur Offenlegung des Jahresabschlusses gemäß § 325 HGB auch für kleine Kapitalgesellschaften gilt, für die die offen zu legenden Jahresabschlussunterlagen beschränkt sind. Die entsprechenden Vorschriften sind hinsichtlich der Haftungsbeschränkung der Kapitalgesellschaft insbesondere zum Gläubigerschutz und zur Gewährleistung der Markttransparenz geeignet, erforderlich und verhältnismäßig und können nicht durch alternative Auskunfts- und Schutzmöglichkeiten wie etwa eine Kreditauskunft, Einsicht in Geschäftsunterlagen durch die finanzierende Bank oder eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der Finanzverwaltung ersetzt werden. Mit dieser Begründung wurde ein vom Bundesamt für Justiz gegen eine Aktiengesellschaft verhängtes Bußgeld von 2.500 Euro für die Nichtbeachtung der Veröffentlichungspflicht bestätigt.

Quelle: LG Bonn, AZ: 30 T 122/08