Erhöhte Pfändungsfreigrenzen ab Juli 2021: Was müssen Drittschuldner zu beachten?

Durch die neuen Pfändungsfreigrenzen entsteht Mehraufwand für Arbeitgeber in der Entgelabrechnung. Viele Vorgänge müssen erneut aufgegriffen und überprüft werden.

Dabei ist neben dem zusätzlichen Verwaltungsaufwand auch das damit für das Unternehmen verbundene Haftungsrisiko ernorm. Als Drittschuldner haften Sie für Fehler die sich aus einer Falschberechnung ergeben. Entgeltabrechner sollten sich daher über die durch eine Gehaltspfändung geschaffene Rechtslage genau informieren und mit den Besonderheiten des Pfändungsschutzes vertraut machen.

Erhöhte Pfändungsgrenzen sind zu beachten

Zum 1.Juli 2021 steigt der monatlich unpfändbare Grundbetrag auf 1.252,64 Euro. Dieser Betrag erhöht sich um monatlich 471,44 Euro für die 1. und um jeweils weitere 247,12 Euro für die 2. bis 5. Person, für die gesetzliche Unterhaltspflichten zu erfüllen sind. Die Beträge richten sich nach der Entwicklung des steuerlichen Grundfreibetrags nach § 32a Abs. 1 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Sie ändern sich alle 2 Jahre; somit sind die genannten Werte bis zum 30.6.2023 anwendbar.

Pfändungsgrenzen1.7.2019 bis 30.6.2021ab 1.7.2023
Unpfändbares Arbeitseinkommen (ohne
weitere unterhaltsberechtigte Personen)
1.178,59 Euro1.252,64 Euro
Zuzurechnender unpfändbarer Betrag für die
erste unterhaltsberechtigte Person
443,57 Euro471,44 Euro
Zuzurechnender unpfändbarer Betrag je Person
(für die zweite bis fünfte unterhaltsberechtigte Person)
247,12 Euro262,55 Euro
Maximal unpfändbarer Betrag (Schuldner mit 5
unterhaltsberechtigten Personen)
2.619,99 Euro2.779,99 Euro
Das den unpfändbaren Betrag übersteigende Einkommen ist zu
* 30 % unpfändbar (Schuldner hat keine unterhaltsberechtigte Person),
* 50 % unpfändbar (Schuldner mit einer unterhaltsberechtigten Person),
* 60 % unpfändbar (Schuldner mit zwei unterhaltsberechtigten Personen),
* 70 % unpfändbar (Schuldner mit drei unterhaltsberechtigten Personen),
* 80 % unpfändbar (Schuldner mit vier unterhaltsberechtigten Personen) und
* 90 % unpfändbar (Schuldner mit fünf unterhaltsberechtigten Personen).
Betrag, ab dem generell voll gepfändet wird3.613,08 Euro3.840,08 Euro

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass bestimmte, zusätzlich zum regulären Entgelt gewährte Sondervergütungen teilweise oder in vollem Umfang unpfändbar sind.


Beim Arbeitnehmer nicht pfändbar sind:

  • die Hälfte der Gesamtvergütung für die Überstunden (Grundvergütung + Zuschlag),
  • das zusätzliche Urlaubsgeld; die Lohnfortzahlung während des Urlaubs (Urlaubsentgelt) und eine beim Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis gezahlte Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 des Bundesurlaubsgesetzes sind dagegen pfändbar,
  • Zuwendungen aus Anlass eines besonderen Betriebsereignisses und Treuegelder (z. B. Jubiläumszuwendungen),
  • Aufwandsentschädigungen und Auslösungen für eine auswärtige Tätigkeit (Reisekosten, Umzugskosten),
  • Gefahren-, Schmutz- und Erschwerniszulagen,
  • Heirats- und Geburtsbeihilfen,
  • Weihnachtszuwendungen bis zur Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens, höchstens jedoch bis zu 500 Euro,
  • Zulagen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit.

Daneben sind Überstundenvergütungen für die Leistung von Mehrarbeitsstunden zu 50 % unpfändbar.

Berücksichtigung von Vorschüssen und Abschlägen

Voll pfändbar sind

  • Zuschläge für Nacht-, Schichtarbeit sowie Zuschläge für Arbeit an Sonn- und Feiertagen,
  • Essenszuschüsse und geldwerte Vorteile für die private Mitnutzung eines Dienstwagens.
  • Vorauszahlungen (Entgeltvorschüsse) auf noch nicht erarbeitetes oder noch nicht fälliges Entgelt.
    Diese müssen bei danach erfolgender Pfändung auf den pfändungsfreien Betrag des später fällig werdenden oder abzurechnenden Entgelts angerechnet werden.
    Entsprechendes gilt bei Abschlagszahlungen auf einen bereits erzielten Entgeltanspruch, dessen Abrechnung hinausgeschoben ist. Dann ist die gesetzliche Pfändungsgrenze so zu berechnen, als ob kein Vorschuss bezahlt worden wäre.

Ermittlung des pfändungsrelevanten Einkommens

Für die Pfändungsfreigrenze ist immer das bereinigte Nettoeinkommen zu berücksichtigen. Mit unserer Tabelle "bereingtes Nettoeinkommenn". können Sie den pfändungsrelevanten Nettolohn hier errechnen.

Mit dem ADF Pfändungsrechner lässt sich nun der aus dem bereinigten Nettoeinkommen pfändbare Betrag - unter Berücksichtigung der bestehenden Unterhaltsverpflichtungen - einfach online  ermitteln. Das Ergebnis aus dem Pfändungsrechner können Sie mit der aktuellen Pfändungstabelle vergleichen.

Frist zur Drittschuldnererklärung beachten

Regelmäßig muss der Arbeitgeber mit dem Pfändungsbeschluss der Aufforderung des Gläubigers zur Drittschuldnererklärung nachkommen. Er muss auf Verlangen des Gläubigers in einer Frist von 2 Wochen den Sachverhalt genau prüfen und gegenüber dem Gläubiger erklären,

  • ob und inwieweit er den gepfändeten Anspruch des Schuldners anerkennt,
  • ob und welche Ansprüche andere Personen an das gepfändete Einkommen erheben und
  • ob ggf. das Einkommen schon für andere Gläubiger gepfändet ist.

Die Erklärungsfrist beginnt mit der Zustellung durch den Gerichtsvollzieher. Wichtig: Die Frist ist nur dann eingehalten, wenn die Erklärung zum Fristende zugegangen (also nicht nur abgesendet!) ist.