Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung (Teil 10)

Haftbefehl und Haftvollstreckung

1. Unzulässigkeit der Haftvollstreckung § 802h ZPO)
Die Vorschrift fasst Fälle zusammen, in denen eine Verhaftung unzulässig ist.

Unzulässigkeit der Haftvollstreckung Erzwingungshaft
§ 802h

(1) Die Vollziehung des Haftbefehls ist unstatthaft, wenn seit dem Tag, an dem der Haftbefehl erlassen wurde, zwei Jahre vergangen sind.

(2) Gegen einen Schuldner, dessen Gesundheit durch die Vollstreckung der Haft einer nahen und erheblichen Gefahr ausgesetzt würde, darf solange dieser Zustand dauert, die Haft nicht vollstreckt werden.

802i Abs. 1 ZPO entspricht § 909 Abs. 2 ZPO. Die zeitliche Grenze von zwei Jahren nach Erlass des Haftbefehls ist neu (früher drei Jahre). Dies entspricht der ebenfalls zwei Jahre betragenden Sperrwirkung einer bereits abgegebenen Vermögensauskunft in § 802d ZPO.
 
§ 802i Abs. 2 ZPO  entspricht § 906 ZPO. Durch die Gefährdung der Gesundheit des Schuldners wird – wie auch bisher – die Vollziehung der Haft zeitweilig ausgeschlossen. Die Hafteignung bzw. Haftfähig­keit hat der Gerichtsvollzieher in eigener Kompetenz von Amts wegen zu prüfen. Gegebenenfalls muss er den Schuldner dazu bei einem Amtsarzt vorstellen.

2. Vermögensauskunft des verhafteten Schuldners (§ 802i ZPO)
Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen § 902 ZPO.

Vermögensauskunft des verhafteten Schuldners
§ 802i

(1) 1Der verhaftete Schuldner kann zu jeder Zeit bei dem Gerichtsvollzieher des Amtsgerichts des Haftortes verlangen, ihm die Vermögensauskunft abzu­nehmen. 2Dem Verlangen ist unverzüglich stattzugeben; § 802f Abs. 5 gilt entsprechend. 3Dem Gläubiger wird die Teilnahme ermöglicht, wenn er dies beantragt hat und seine Teilnahme nicht zu einer Verzögerung der Abnahme führt.
 
(2) 1Nach Abgabe der Vermögensauskunft wird der Schuldner aus der Haft entlassen. 3§ 802f Abs. 5 und 6 gilt entsprechend.
 
(3) 1Kann der Schuldner vollständige Angaben nicht machen, weil er die erforderlichen Unterlagen nicht bei sich hat, so kann der Gerichtsvollzieher einen neuen Termin bestimmen und die Vollziehung des Haftbefehls bis zu diesem Termin aussetzen. 2§ 802f gilt entsprechend; der Setzung einer Zah­lungsfrist bedarf es nicht.

§ 802i Abs. 1 ZPO  regelt die Möglichkeit des verhafteten Schuldners, jederzeit die Abgabe der Vermögensauskunft zu verlangen. Sie ist ihm von dem im Amtsgerichtsbezirk des Haftortes zuständigen Gerichtsvollzieher abzunehmen. Satz 2 bestimmt, dass die Abnahme unter Vermeidung unnötiger Verzögerung zu ermöglichen ist. Das Teilnahmerecht des Gläubigers besteht im Rahmen des Satzes 3.
 
§ 802i Abs. 2 Satz 1 ZPO sieht vor, dass der nach Absatz 1 zuständige Gerichtsvollzieher nach Abgabe der vollständigen Vermögensauskunft  von Amts wegen sofort die Entlassung des Schuldners aus der Haft zu veranlassen hat. Satz 2 erklärt § 802f Abs. 5 und 6 ZPO für entsprechend anwendbar. Der Gerichtsvollzieher hat damit das Vermögensverzeichnis in elektronischer Form dem nach § 802k ZPO zuständigen Gericht zu übermitteln und dem Gläubiger eine Abschrift zuzuleiten.

Benötigt der Schuldner Unterlagen, um die Vermögensauskunft abgeben zu können, so kann nach § 802i Abs. 3 ZPO der Gerichtsvollzieher auch zukünftig die Vollziehung des Haftbefehls aussetzen. Dabei handelt es sich um eine Ermessensentscheidung. Zugleich mit der Aussetzung der Vollziehung wird ein neuer Termin zur Abgabe bestimmt. Mit Ausnahme der Setzung einer Zahlungsfrist gilt für das Abnahmeverfahren § 802f ZPO entsprechend.

3.  Dauer der Haft, erneute Haft (§ 802 j ZPO)

Unzulässigkeit der Haftvollstreckung Daer der Haft; erneute Haft
§ 802j

(1) 1Die Haft darf die Dauer von sechs Monaten nicht übersteigen. Nach Ablauf der sechs Monate wird der Schuldner von Amts wegen aus der Haft entlassen.
 
(2) Gegen den Schuldner, der ohne sein Zutun auf Antrag des Gläubigers aus der Haft entlassen ist, findet auf Antrag desselben Gläubigers eine Er­neuerung der Haft nicht statt.
 
(3) Ein Schuldner, gegen den wegen Verweigerung der Abgabe der Ver­mögensauskunft eine Haft von sechs Monaten vollstreckt ist, kann innerhalb der folgenden zwei Jahre auch auf Antrag eines anderen Gläubigers nur un­ter den Voraussetzungen des § 802d von neuem zur Abgabe einer solchen Vermögensauskunft durch Haft angehalten werden.

Die Neuregelung in § 802j Abs. 1 ZPO entspricht dem bisherigen § 913 ZPO und begrenzt die Beugehaft auf 6 Monate.
 
§ 802j Abs. 2 ZPO beschränkt die Möglichkeit der Hafterneuerung. Die Regelung entspricht     § 911 ZPO.
 
§ 802j Abs. 3 ZPO schützt den Schuldner nach Entlassung aus der Erzwingungshaft vor einer Haftanordnung in einem anderen Verfahren desselben Gläubigers oder eines anderen Gläubigers. Der Inhalt der Vorschrift entspricht im Wesentlichen § 914 ZPO. Der Schutz des Schuldners ist jedoch in Angleichung an die Sperrfrist des § 802d Abs. 1 Satz 1 ZPO auf zwei Jahre nach Haftbeendigung beschränkt. Der Schutz entfällt, wenn die Voraussetzungen zur erneuten Abgabe der Vermögensauskunft gemäß § 802d Abs. 1 Satz 1 ZPO vorliegen.