Vermieter schulden keine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung

Der Vermieter ist nicht verpflichtet, dem Mieter über die Quittierung der einzelnen Mietzahlungen hinaus auch noch eine Mietschuldensfreiheitsbescheinigung auszustellen.

Sachverhalt
Der Vermieter der neuen Wohnung der Kläger wollte sich vor Mietnomaden schützen und verlangte von den Klägern als neuen Mietern eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung. Die Kläger, die ihre bisherige Wohnung bei dem Beklagten gekündigt hatten, forderten von diesem nun eine entsprechende Bescheinigung, was der aber verweigerte. Er erteilte vielmehr nur Quittungen über die bis dahin gezahlten Mieten. Die Erklärung, dass die Miete einschließlich vereinbarter Betriebskostenvorauszahlungen über den Mietzeitraum gezahlt worden ist, dass ein Nachzahlungsbetrag aus der Betriebskostenabrechnung 2006 nicht bezahlt worden sei, weil die Forderung umstritten sei, dass die Betriebskostenabrechnung für 2007 noch nicht erteilt worden sei und dass die Kläger eine Kaution geleistet hätten, lehnte der Beklagte dagegen ab. Amtsgericht und Landgericht haben die entsprechende Klage abgewiesen. Der BGH bestätigte die Entscheidungen.

Entscheidungsgründe
Der Anspruch auf Erteilung der begehrten "Mietschuldenfreiheitsbescheinigung" besteht nicht. Der Mietvertrag der Parteien enthält hierzu keine Regelung. Eine solche Verpflichtung besteht auch nicht als mietvertragliche Nebenpflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB. Eine Verpflichtung zur Auskunft über das Bestehen oder Nichtbestehen von Mietschulden würde voraussetzen, dass der Mieter über Art und Umfang seiner Mietverbindlichkeiten im Ungewissen ist. Hieran fehle es, weil der Mieter unter Zuhilfenahme eigener Zahlungsbelege sowie der von dem Vermieter gemäß § 368 BGB geschuldeten und erteilten Quittungen über die von dem Mieter geleisteten Zahlungen ohne Weiteres feststellen kann, ob alle mietvertraglich geschuldeten Zahlungen geleistet sind, und auch in der Lage ist, die Erfüllung seiner aus dem Mietvertrag folgenden Zahlungsverpflichtungen zu belegen.

Die Abgabe einer in ihren Wirkungen unter Umständen weiter reichenden Erklärung kann Vermietern hingegen schon wegen einer möglichen Gefährdung eigener Rechtspositionen nicht zugemutet werden. Eine solche Bescheinigung könnte auch als Ausgleichsquittung angesehen werden, durch die der Vermieter auf alle eventuell noch bestehenden Ansprüche gegen den Mieter verzichten würde, oder als "Zeugnis gegen sich selbst" liegt, das für ihn beweisrechtlich nachteilig wäre, falls nachträglich noch Streit über den Bestand oder die Erfüllung von Mietforderungen entstehen sollte.

Auch eine allgemeine Pflicht zur Ausstellung einer solchen Bescheinigung wegen einer dahin entstandenen Verkehrssitte ist nicht anzunehmen. Das Vorbringen der Kläger, wonach ein Vermieter in D. mit einem Bestand von 42.000 Wohnungen von jedem neuen Mietinteressenten die Beibringung einer "Mietschuldenfreiheitsbescheinigung" verlangt, reicht für die Annahme einer solche Verkehrssitte nicht aus, da diese voraussetzt, dass sich innerhalb aller beteiligten Kreise und nicht nur eines Teils, sei er auch quantitativ erheblich, dazu eine einheitliche Praxis durchgesetzt hat.

Praxishinweis
Die Entscheidung ist aus dem Vertragsverhältnis der bisherigen Mietparteien heraus konsequent und überzeugend begründet. Ungeachtet dessen nimmt der BGH dem neuen Vermieter eine Möglichkeit sich gegen Mietausfälle abzusichern und möglicherweise - bei einer unzutreffenden Auskunft - sogar mit dem alten Vermieter einen weiteren Schuldner zu gewinnen. Für die Praxis kann nur gehofft werden, dass die Mieterschutzvereine aus der Entscheidung des BGH die Konsequenz ziehen, ihren Mitgliedern zu empfehlen, nun in den Mietverträgen eine Bestimmung aufzunehmen, nachdem am Ende des Mietverhältnisses eine entsprechende "Mietschuldenfreiheitsbescheinigung" geschuldet wird. Sollte es zu solchen Vereinbarungen kommen, ist denkbar, dass sich daraus bei fehlerhaften Bescheinigungen eine Haftung des Vorvermieters ergibt. Es lässt sich nämlich gut vertreten, dass es sich dann um einen Vertrag zugunsten Dritter handelt.

Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass allen Vermietern nur empfohlen werden kann, sich einem solchen Verlangen des Mieters zur Aufnahme der Pflicht zur Ausstellung einer "Mietschuldenfreiheitsbescheinigung" zu widersetzen.

So können Vermieter sich absichern
Dem Vermieter bleiben zur Absicherung folgende Möglichkeiten:

  • Er sollte stets Informationen über den Mieter bei Auskunfteien einholen.
  • Der Vermieter muss konsequent von § 551 BGB Gebrauch machen und bei der Vermietung von Wohnraum eine Mietkaution in Höhe der dreifachen Monatskaltmiete verlangen.
  • Auch sollte er darauf achten, dass alle erwachsenen Mitbewohner auch Mietvertragspartei werden, um die Zahl der potenziellen Schuldner und damit auch die Befriedigungschancen zu erhöhen.
  • Insoweit sollte im Mietvertrag ausdrücklich die Regelung aufgenommen werden, dass der Einzug einer weiteren erwachsenen Person anzuzeigen ist und ein beiderseitiger Anspruch auf Aufnahme dieser Person in den Mietvertrag besteht.

Quelle: BGH 30.9.09, VIII ZR 238/08 / IWW